Suicidal Angels - Divide And Conquer

Review

In der Regel lebt Thrash Metal eher von kürzeren Songs. Von präzisen Riffs, die einem wie fliegende, rasiermesserscharfe Klingen sofort die Nackenmuskeln durchtrennen. „Reign In Blood“ von SLAYER wird wohl immer das Paradebeispiel bleiben. Exakt das haben SUICIDAL ANGELS bislang eindrucksvoll, mit Oldschool-Attitüde und starken Ideen, umgesetzt – simpel, aber wirkungsvoll, mit Songs wie „Apokathilosis“ vom zweiten Langspieler „Sanctify The Darkness“ geradezu majestätisch. Heute rifft die Band um Frontmann Nick Melissourgos nicht mehr vom Olymp, weil die Hits einfach ausbleiben.

Epischer wollte man agieren und dafür wurden die Tracks hier und da in die Länge gezogen („White Wizard“ ist fast neun Minuten lang). Ein deutlicher Mehrwert ist nur leider nicht zu erkennen. „Seed Of Evil“ geht beispielsweise gut ins Ohr, wäre als Vier-Minuten-Nummer aber schlagkräftiger, weil sich die Songteile irgendwann abnutzen, gar ein beachtlich langweiliger Part verwoben ist und die leichte Variation des Hauptriffs, die am Ende noch mal Lust macht, viel früher hätte kommen sollen. So lässt das neue Werk die besonderen Riffs vermissen, die einen früher selbst aus gut geschnürten Stiefeln gehauen haben – und zwar sofort, beim ersten Hören. Natürlich sind SUICIDAL ANGELS nach wie vor weit davon entfernt, Trash abzuliefern. Das ist immernoch Thrash Metal, der andere Bands locker in die Tonne tritt. Aber die Geradlinigkeit fehlt diesmal.

Man merkt, dass die Griechen ambitioniert sind, sich in Nuancen weiterzuentwickeln, ohne sich zu verändern. Grundsätzlich lobe ich diese Einstellung, seinen Wurzeln und dem, was man schlichtweg gerne hört, treu zu bleiben. Ich mag es, wenn ich mich auf eine Band verlassen kann. Nur nehmen wir mal CANNIBAL CORPSE als Referenz: Seit unzähligen Alben veröffentlichen sie unverfälschten Death Metal, liefern jedoch immer Großes ab, kompromisslos und konsequent. Daran scheitert „Divide And Conquer“, weil sich die Ansammlung wie eine Riff-Compilation der bisherigen Diskografie anhört. Weil „Marching Over Blood“ als Opener schon das eigentliche Highlight ist, weil die Streicher in „Control The Twisted Mind“ völlig deplatziert und zu gewollt wirken, der cleane Gitarrenpart im Anschluss wie ein müder Abklatsch des Beginns von „Chaos (The Curse Is Burning Inside)“ vom Vorgänger klingt und weil der Titelsong etwas zu deutlich „Bleeding Holocaust“ zitiert und dabei eigentlich nur klarmacht, wie aufgewärmt sich das neue Material anhört.

Da so viele völlig unnötigerweise „Hype“ rufen, wenn es um SUICIDAL ANGELS geht, soll an der Stelle aber nochmals betont werden, dass die Truppe trotz 6/10 zur Gitarrenspitze im Thrash Metal gehört. Das geht nicht mit einem enttäuschenden Album verloren, nur den Status der Riffgötter kann man nicht aufrechterhalten. Ein durchweg schwaches Album ist „Divide And Conquer“ aber nicht. So fällt der Sound sehr positiv aus: schön erdig, knarzig, bodenständig und trotzdem druckvoll. Das passt noch immer einwandfrei zur Rückbesinnung, von der sich Bands wie WARBRINGER schon mit dem zweiten Langspieler und einem wesentlich sterileren Sound abgewandt haben. Wenn die kommenden Entwicklungsnuancen sinnvoller gewählt werden – ich kann mir Ausflüge in extremmetallische Gefilde in Form eines eingestreuten Black-Metal-Riffs, Blastbeats oder Stimmvariationen gut vorstellen – und das Riffing wieder origineller wird, wird auch das nächste SUICIDAL-ANGELS-Album sicher wieder mehr gefeiert. Die Spieldauer-Streckbank allein tut es aber nicht.

02.12.2013
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