Warum sollte eine Band eine erfolgreiche Formel über Bord werfen, wenn sie sich doch als derart effektiv erwiesen hat? Der Schöpferdrang ist schließlich kein Untier, das den Menschen jedes Mal aufs Neue zu wildesten Kontorsionen zwingt. Und eine entsprechend räudige Attitüde entschädigt gerne dafür, dass eine Band ihren Sound nur in Nuancen anpasst. Wie hier auf dem neuen STREAMS OF BLOOD-Album „Erløsung“: Der Vollzeitvorgänger „Allgegenwärtig“ zeigte das Duo um den ehemaligen DARKENED NOCTURN SLAUGHTERCULT-Bassisten Thymos schleppenderen Klängen etwas mehr zugetan, weniger im schießwütigen MARDUK-Panzer durch die Landschaft ballernd.
Konsequenz statt Kontorsion: STREAMS OF BLOOD knüpfen an „Allgegenwärtig“ an
Mit „Erløsung“ knüpfen STREAMS OF BLOOD ziemlich genau dort an. Das neue Album lässt das schwarzmetallische Trommelfeuer wie auch die schwere, nicht ganz Doom-artige aber doch schleppende Ader des Vorgängers zum Vorschein kommen. Beides greift schön ineinander und resultiert erneut in einem abwechslungsreichen Album, das die Grenzen des Black Metal gewiss nicht ins Wanken bringt, sich aber dynamisch innerhalb des abgestecken Bereichs bewegt. Misanthropie und Hass quillen praktisch aus allen Poren hervor, unterstützt vom Gift und Galle spuckenden Thymos, der die Bösartigkeit, den Furor des Sounds mit einer viszeralen Darbietung unterfüttert.
Abwechslung steht beim Songwriting hoch im Kurs. Am deutlichsten äußert sich das im Wechsel- bzw. Zusammenspiel von wie aus dem Maschinengewehr gefeuerten Blastbeats und den schleppenden, zermürbenden Downtempo-Passagen. Das lässt sich zum Beispiel in „Days Of Immortality“ wunderbar in Aktion beobachten, das mit einem waschechten Doom-Riff einsteigt, im weiteren Verlauf immer wieder mit Blasts aufgebrochen wird und so allein durch dieses Wechselspiel eine beachtliche Dynamik entwickelt. „The Complex“ schließt sich dem an, allerdings hier ohne Doom-Einschlag, auch wenn der Song zeitweise mit imposanten Riffwänden im schleppenden Midtempo unterwegs ist.
Das richtige Händchen für Tempovariationen
Drum herum fahren STREAMS OF BLOOD dann aber dicke Geschütze auf. „Declaration“ hat einen abartig martialischen Groove, der direkt ins Blut geht und so schnell nicht wieder da raus kommt. Als Gegenpol dienen leicht melancholisch angehauchte Melodien, denen ein geradliniger, eigentlich eher Death-Metal-typischer Midtempo-Rhythmus auf den Leib geschneidert worden ist. „Die Ablehnung (Das Opfer)“ steigert sich aus einem schleppenden, wiederum mit melancholischen Melodien versehen Auftakt in einen aggressiven Stampfer hinein. Man möchte hier meinen, Schlagzeuger Terrorin anhören zu können, wie hasserfüllt er auf seine Felle eindrischt.
Die Dichte an Melodien ist besonders in „Nychts“ hoch, was dazu führt, dass das Duo hier die mit Abstand eingängigste Hook abliefert. Tatsächlich ist der melodischere Schwedentod stellenweise nicht allzuweit entfernt, rückt für die rasenden, explosiven Blastbeats letzendlich aber doch gerne ein Stück zur Seite. Der Track bewahrt sich also trotz des hohen Melodieanteils seine enorme Aggression. Indes liefern die Franken mit „Pigture“ den songschreiberischen Höhepunkt von „Erløsung“ ab. Hier inszenieren STREAMS OF BLOOD vor allem ihre Midtempo-Qualitäten mit Abstand am effektivsten hin zum punkig-explosiven Finale, während sämtliche Stimmbänder hier besonders bis zur Belastungsgrenze getrieben werden.
Warten auf „Erløsung“?
Und es klingt hervorragend. Der Sound drückt, das Schlagzeug klopft wie Hölle und die Gitarren sägen, was das Zeug hält. Aber es bleibt alles klar strukturiert, kein Soundmatsch, aber auch nicht zu sehr auf modernen Hochglanz poliert. Die Produktion trifft den schwarzen Nagel eigentlich sogar ziemlich gut auf den Kopf, auch was den zurückhaltenden Einsatz von Halleffekten angeht. Die treten am prominentesten beim Rausschmeißer „The Herd“ in Erscheinung, machen dort aber eine sehr gute Figur. Aber wiederum halten sie den Song nicht von seiner Bösartigkeit ab, sondern unterstützen dessen dramatische Bandbreite an genau der richtigen Stelle.
Nach wie vor gilt: STREAMS OF BLOOD sind nichts für schwache Nerven. Die Finsternis, der Hass, die Hoffnungslosigkeit – all das verbindet sich in „Erløsung“ zu einem mächtigen Werk, das seinen Furor jedoch nie zum Selbstzweck verkommen lässt. Es ordnet diesen gerade so im ausreichenden Maße dem Songwriting unter, um dem Chaos nicht durch Struktur die Luft abzuschnüren und es dennoch bestimmt ausgerichtet zu entfesseln. In der Hinsicht kann es als Fortsetzung zu „Allgegenwärtig“ angesehen werden. Es macht nicht viel anders als sein Vorgänger, stellt sich aber dank des starken Songwritings sowie der durchschlagskräftigen Produktion auf eine Ebene.
Sprich: Wer „Allgegenwärtig“ verehrt, der wird auch „Erløsung“ in sein Herz schließen.
Review von Hubert Nixdorf
Da freu ich mich aber drauf. Nachdem ich Streams Of Blood vor einiger Zeit auf dem ‚DMED‘ sah, mir anschließend ‚Allgegenwärtig‘ auf Vinyl zulegte die ne diese auch ziemlich geil fand, hatte ich die Band fast schon wieder vergessen. Zu unrecht, wie ‚Freitodmaschine‘ ja jetzt beweist. Alten Schriftzug fand ich besser, Luxusproblem, Album scheint gut zu werden.
Wirklich gut, geiles Riffing. Aber das Cover…hui Schweineköpfe und böse kucken. Völliges Eigentor. Das ist so eine Platte die ich richtig gut finde, aber wegen dem peinlichen Cover eher nicht kaufen würde. Naja, oder vielleicht doch.