Streams Of Blood - Allgegenwärtig

Review

Wo kommen sie her, seit wann machen sie das, wo haben sie bislang gespielt? Darüber haben wir in den Kritiken zu „The Descent To The Source Of Disorder“ und „Ultimate Destination“ genug geschrieben. Und der Vergleich mit DARKENED NOCTURN SLAUGHTERCULT taugt eh nicht. Außerdem: Google mag keinen duplizierten Content und wir auch nicht. Was wir dagegen mögen, entnimmt man der Wertung von „Allgegenwärtig“. STREAMS OF BLOOD bringen ihr drittes Album heraus – ihr bestes Album. Bis dato. Vielleicht erklärt sich so auch der fehlende Punkt, denn das Werk hat keine echten Schwachstellen, hinterlässt aber das Gefühl nach „mehr“. Oder ist es Gier? Da geht noch was, sagt der Volksmund. Da kommt noch mehr in den nächsten Jahren, sage ich. Und dafür wird dann auch gern die goldene (eh viel zu glänzend im Black Metal) Zehn gezückt. Glänzend im Sinne von hervorragend trifft die acht Stücke bestens. Im Bereich der Grundstimmung distanziert sich „Allgegenwärtig“ indes von jeglicher Schönheit, platziert aber clever einzelne stimmungsvoll oder hell wirkende Elemente, nur um sie in der Dunkelheit des Gesamtkonstrukts garstig grinsend untergehen zu sehen. Das Album ist von der ersten bis zur letzten Sekunde eine vertonte Lektion in Sachen Musikhass – tiefgefroren und trotzdem blutig.

STREAMS OF BLOOD sind vom MARDUK-Panzer gesprungen und im COMMITTEE-Lager gelandet

Lektion eins: „Stella Nova (Collapse)“. Dieser dumpfe Sound. Wer die Band kennt, muss unweigerlich an THE COMMITTEE denken. Damit wäre dann auch die deutlichste Neuausrichtung gelüftet: Die Songs liegen wesentlich öfter in der Schnittmenge aus Black und Doom. Klar gibt es Blastbeats, doch die Zeiten der MARDUK’schen Panzer-Raserei (im Hause STREAMS OF BLOOD auf dem Vorgänger leider durch ein viel zu künstlich klingendes Schlagzeug repräsentiert) sind vorüber. Referenzen, wir brauchen weitere Referenzen, schreit die Leserschaft? Dann nehmt noch ENDSTILLE hinzu – und hört trotzdem STREAMS OF BLOOD. Der Nebel bricht auseinander und eine schwarze Schlange windet sich hindurch. Die Melodie wirkt nach. Die Liedmitte ist knapp überschritten, da zwingt uns ein Doom-Riff in die Knie. Der Sog hält an, Monotonie bestimmt den Sog. Aus Doom wird Death Metal, zumindest von der Orientierung her. Bis die Nummer mit okkulter Anmut auspendelt. Mit einem Wort: stimmig. Mit mehreren: ein gut platzierter Opener, der die Albumstärken bündelt.

„Allgegenwärtig“ von STREAMS OF BLOOD: eine Hass-Lektion in acht Musikstücken

Lektion zwei: „Corrosion“. Ein Schlag in die gleiche Kerbe, wobei die Drums eine neue Seite zeigen – noch treibender, mit prägnanterer Doublebass. Aus der Mitte entspringt ein Riff, und das kann man durchaus in der Black-n-Roll-Schublade einordnen. Der treibende Charakter wird im Verlauf ausgebaut, die Doublebass erhält noch mehr Raum. Zum Schluss befreien sich die Gitarren aus dem Klangsumpf und nehmen den Black-Metal-Pfad. Lektion 3: „Detox“. Das dritte Lied startet mit Bedacht. Die Gitarrenarbeit ist vielfach filigraner. Dann ein Break, das den Sturm ankündigt. Der wirbelt zwar nicht im Hochtempobereich, offenbart aber eine optimale Symbiose aus spannendem Riffing und exakt passendem, nicht nur dezent in Richtung Uffta-Uffta schielendem Schlagzeug. Ein Hit, wir haben einen Hit! Kein Wunder, dass STREAMS OF BLOOD den Song im Vorfeld ausgekoppelt haben. Alle weiteren Lektionen entnehmt ihr bitte dem Album „Allgegenwärtig“.

Bestenliste 2017 – STREAMS OF BLOOD, check!

Die Franken beweisen eindrucksvoll, dass man genug Abwechslung in ein an sich recht eng gestecktes Feld bringen kann. Hören wir uns zum Beispiel den markanten Stimmungswechsel im vierten Lied an, auch wenn es zunächst nur die ersten paar Sekunden betrifft („Open Your Third Eye“ wurde schon auf der mit CHANT OF BLASPHEMY aufgenommenen 2014er-Split „Infernal Lamentations“ platziert). Das kurze Aufhellen – musikalisch, nur musikalisch! – und die damit einhergehende Erhabenheit im hinteren Teil von „Detox“ reichern die Facetten ebenso an. In „Man Owes Nature Only Death“ stampfen und sägen die Gitarren noch tiefer. Und was passiert da im Zentrum von „Regeneration“? Die Gitarren wechseln auf klassisch und versprühen Melancholie. In Bezug auf die Vocals hält „Transformation“ die einzige Überraschung bereit – eine Veränderung bis hin zum Klargesang. Ach ja, ein traditionelles Solo gibt es auch noch. Was machen STREAMS OF BLOOD mit „Allgegenwärtig“ richtig? Alles. Auch der Sound ist rund: Es knarzt, wenn es knarzen muss, und der Mix beschert allen Einzelteilen genug Individualität, verbindet sie aber auch prächtig. Was geht noch? Gerne mehr Hits der Sorte „Detox“. Was macht ihr jetzt? Kratzt euch die Augen aus, um den Fokus aufs Gehör zu legen, und lauscht einem Album, das sich schon Ende Februar einen Platz in der Jahresbestenliste reserviert hat.

22.02.2017
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