Stone Sour - Audio Secrecy

Review

Mutig ist es, was STONE SOUR mit ihrem neuen Album „Audio Secrecy“ geschaffen haben. Der Anspruch lautete im Vorfeld, das musikalische Feld noch zu erweitern und eine Scheibe abzuliefern, die besonders durch eine enorme stilistische Bandbreite auffällt. Dieses Vorhaben ist geglückt, es dürfte aber auch Leute geben, die sich mit dieser Tatsache etwas schwer tun werden. Besonders Fans des Debüts werden manchmal schwer schlucken müssen, denn mit „Audio Secrecy“ begeben sich STONE SOUR mehr als einmal auf die Spuren NICKELBACKS und liefern uns reinrassige Radio-Rockballaden mit Dauerberieselungsgarantie. „Dying und Hesitate“ sind für den Mainstream geschriebene Schmusenummern, beide gehören zu den guten ihres Fachs, beide werden aber so manchen Metalfan eher abschrecken.

Und unter den 13 Songs (plus Piano-Intro) befinden sich noch mehr ruhige Nummern, die sich dann jedoch eher in Terrain vor wagen, das man von STONE SOUR gewohnt ist und sich an Gassenhauern wie „Bother“ oder „Through Glass“ orientieren. Und tatsächlich, „Imperfect“ ist vielleicht eine der schönsten und ergreifendsten Rock-Balladen des Jahres, kitschfrei und emotional – hier klingen STONE SOUR dann wieder vertraut und graziös.

„Say You’ll Haunt Me“ ist ja schon bekannt, der Song ist eine aufwühlende Rocknummer mit Ohrwurmmelodie, deren Hitpotenzial einen geradezu überfällt. Melodien sind die große Stärke von STONE SOUR, das ist es, was sie vielleicht sogar wertvoller macht als Corey Taylors Nu Metal-Maskeraden-Hassventil SLIPKNOT. Und in den, leider subjektiv gefühlt etwas unterpräsenten, härteren Groove-Nummern wie „Digital (Did You Tell“), „Mission Statement“ oder „Unfinished“ sorgen große Hooklines für ein nach ganz großem Stadion-Glanz klingendes Ohrwurmgefühl. Die Aufbruchstimmung des Debüts, das noch vor Angriffslust strotzte und mit einem grungigen Grundtenor zu begeistern wusste, ist eher einer erwachsenen Nachdenklichkeit gewichen. Einer auch textlich irgendwie relaxter wirkenden Attitüde, die dennoch ihre berechtigten Fragen stellt und auch mal ein bisschen aus sich herausgehen darf, wenn es nötig wird.

Die Bewertung von „Audio Secrecy“ ist nicht einfach, da sich die große Bandbreite etwas negativ auf den Fluss und die Energie ausgewirkt hat. Da die Songs für sich genommen aber allesamt sehr gut sind, ist eine Empfehlung durchaus gerechtfertigt. Die Scheibe ist besonders für Anhänger typisch amerikanischer Rock-Perfektion ein gefundenes Fressen. Wer mit einer Überzahl an Balladen und Massenkompatibilität auf Kriegsfuß steht, dürfte es mit einigen Nummern aber schwer haben.

03.09.2010
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