Eine der bemerkenswertesten deutschen Underground-Projekte sind zweifelsohne STILLSTE STUND, deren Werke sich stets durch ein Höchstmaß an Kreativität und Vielseitigkeit auszeichnen.
Das ist bei ihrem neuesten Werk „Von Rosen und Neurosen – Eine erlesene Sammlung grausamster Albträume“ kein bißchen anders, welches sich traditionell jeglicher Kategorisierung verweigert. EBM, Darkwave, Pop, Kammermusik, Neoklassik, Bänkelsang, Avant-garde, Hörspiel – you name it.
Eine derart komplexe Dichte an Einflüssen und Inspirationen erfordert natürlich die vollste Aufmerksamkeit des Hörers. Nebenbei laufen lassen ist nicht, um vollends in die Welt von STILLSTE STUND einzutauchen, muss man die Schwelle zur Tür überschreiten, die man mit „Käfigseele“ überschritten hat.
Was neben der unheimlichen Stilvielfalt und Variationsfreudigkeit so fasziniert, sind die Geschichten, die auf dem Album erzählt werden – vor allem, wie sie erzählt werden! Oliver Uckermann hat eine der einprägsamsten Stimmen, die man zu hören bekommen kann. Sein expressiver Stil aus Gesang und Erzählung, die den einzelnen Stücken oftmals Hörspielcharakter verleihen, sucht seinesgleichen. Wem weder Uckermann noch STILLSTE STUND ein Begriff sind, sollte schon allein deshalb in dieses oder ein anderes Album des Projektes reinhören. Eine perfekte Ergänzung erfahrt Uckermann in seiner langjährigen musikalischen Partnerin Birgit Strunz mit ihrer fragilen und zarten Stimme.
Die Songs im einzelnen zu beschreiben hieße Eulen nach Athen zu tragen und würde auch dem individuellen Hörerlebnis des geneigten Lesers entgegenlaufen. „Von Rosen und Neurosen“ muss man erleben, wenn man etwas für das Bizarre, Nihilistische, Phantastische und Morbide übrig hat. Das STILLSTE STUND bisweilen sogar clubkompatibel sind, beweisen sie erneut mit dem eingängigen Stück „Tiefenritt“: Packende Melodie, treibender Beat und Birgits wunderbare Stimme.
„Von Rosen und Neurosen“ erscheint neben der regulären Version auch als 2-CD-Variante im Digipak. Auf der „Alice EP“ finden sich weitere, ungekürzte und remixte Songs, die sich um die Kunstfigur „Alice“ ranken.
Ein schönes Album – jedoch kaum möglich es nicht als ganzes zu hören.
Es ist in erster Linie ein Hörbuch und somit erscheint es mir manchmal, als wär die Musik zweitrangig und das Sprechen – welches manchmal sehr lange dauert, sei wichtiger.
Schade, denn ihnen ist auch auf anderen Alben ein hörbuchartiger Charakter gelungen, da konnte man die einzelnen Songs jedoch auch unabhängig von einander hören.
Hier klappt das nur bei ein paar.