Das Leben ist doch wirklich zum Verzweifeln, und früher war sowieso alles besser! Vielleicht meinen STIGMATIZED genau das, wenn sie auf ihrem zweiten Longplayer „Live In Despair“ die dicke Old-School-Keule kreisen lassen? Zumindest drängt sich dieser Gedanke geradezu auf, denn der Fünfer von der schönen Mosel bedient sich mit Vorliebe bei 15 Jahre abgehangenem Todesblei aus dem Orangenstaat und streckt es mit etwas Thrash ebenso alter deutscher Schule.
Zugegeben, das riecht nicht gerade nach Innovation. Aber anstatt eine platte Kopie der Großmeister abzuliefern, spicken die Jungs ihren Sound lediglich mit einigen netten, manchmal mehr, manchmal weniger offensichtlichen Zitaten. Die groovenden Death Metal Parts, die viel Raum im Sound der Band einnehmen, und besonders das Organ von Shouter Michael, der ohne weiteres als (weiterer) Bruder von John Tardy durchgehen könnte, rücken das Material stark in Richtung OBITUARY. Und auch die Kannibalen scheinen beim Mann am Mikro einigen Eindruck hinterlassen zu haben, denn neben dem Tardy’schen heiseren Röhren entfleucht dem Guten ab und an auch mal der eine oder andere beherzte Grunzer, wie ihn Chris Barnes früher zustande zu bringen pflegte, bevor er sich dazu entschlossen hat, lieber abgestochene Säue zu imitieren. Gleichzeitig drückt man den abwechslungsreichen Songs mit zahlreichen Breaks, überraschenden Rhythmuswechseln, schicken, sauberen Gitarrensoli und immer wieder auftauchenden Melodien einen fetten „Leprosy“-Stempel auf und zeigt so, dass man es ziemlich drauf hat, an den Instrumenten. Trotz all dieser Vergleiche klingt „Live In Despair“ allerdings nicht so amerikanisch, wie man jetzt meinen könnte. Besonders in den schnelleren Parts, die im treibenden Stakkato davoneilen, meint man des öfteren auch einige Einflüsse aus Essen herauszuhören, die für reichlich Kurzweil und für eine interessante Balance sorgen.
„Live In Despair“ ist eine sehr ordentliche Scheibe einer hoffnungsvollen jungen Band, die nicht nur Kavaliere der alten Schule im Auge behalten sollten. Man kann sagen, was man will: wenn es eine Band heutzutage noch fertig bringt, so sympathisch old schoolig zu klingen, ohne sich dabei anzubiedern, kann heute doch nicht alles schlecht sein, oder?
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