Mit dem Wörtchen „Kult“ ist das so eine Sache. An sich sollte es für jene Dinge vorbehalten sein, an der sich eine kleine Gemeinde erfreut, für jene Dinge, die sich abseits gängiger Trends und Strömungen etablieren, die etwas aussagen, ohne laut schreiend die Masse aufzuwecken. „Kult“ ist aber heute alles, was sich in irgendeiner größeren Fangemeinden erfreut. Verkaufsmachinerien wie Rammstein, Akte X oder Star Trek sind für viele „Kult“, die diesen Begriff auf ein Minimum seiner Bedeutung reduzieren und damit seiner eigentlichen Bedeutung berauben. Somit ist alles und jeder „Kult“, der es unbedingt darauf anlegt. Was aber macht man dann mit solchen Sachen wie dieser CD hier? Würde das Wörtchen „Kult“ nicht so leicht bei jedem Firlefanz über die Lippen gleiten, diese CD hier hätte diesen Stempel sicher verdient. Denn was Stendal Blast hier erschaffen ist weit weg von jeglichen Trends, Strömungen oder vorgegeben Parametern. Aber funktioniert Avantgarde denn überhaupt noch in diesen Zeiten, in denen man nur mit Extremen etwas zu erreichen scheint? Diese Frage will Stendal Blast nicht beantworten, vielmehr wollen sie Fragen aufwerfen, die sich vielleicht jeder stellen sollte, ohne dabei gleich mit dem Zeigefinger Mißstände aufzuweisen und anzupragern, wie das so oft und so gerne getan wird. Stendal Blast sind laut – und dabei ungemein leise. Ein Song über Kindesmißhandlung, der wie ein schräger Song von Nick Cave anfängt und bei dem der Hammer erst sehr spät fällt („Blut ist im Schuh“), der gekonnt mit dem Phänomen des im Halse steckenbleibenden Lachens spielt – einen solchen Song überhört man nur allzu leicht und eh man sich versieht hat man das Gift von Stendal Blast geschluckt. Dabei sind Stendal Blast nicht nur kritisch – sie sind bissig, sarkastisch, witzig, aber auch geniale Lyriker und Musiker. „Rosengarten“ und „Du bist nicht so schön“ weisen einen Hauch in Richtung Dark Wave, Elektro und Gothic, gehören aber dennoch nicht in diese Ecke. Vielmehr werder hier Versatzstücke zusammengebunden die sehr schön miteinander harmonieren. Der ultimative Tanzflächenkracher „Der Spanische Mond“ zeigt ganz deutlich wie sehr Stendal Blast spielend durch alle Musikrichtungen tänzeln. Man hätte keinen besseren Song von einer „reinen“ Dark Wave oder Gothic Band erwarten können. Wenn dann noch mit „Öl“Rammstein gnadenlos musikalisch und textlich parodiert werden, so kann man nicht umhin, dieser Platte endlich den benötigten Freiraum einzuräumen und sich mit ihr in sein Kämmerlein einschließt, um sie genaustens zu sondieren. Sicher sind etwas verdrehte Titel wie „Der längere Hebel“ oder „Mittelpunkt“ nicht gerade leichte Kost und auch nicht jedermanns Sache, aber man freundet sich schnell mit ihnen an, versöhnen Stendal Blast doch mit dem Minihörspiel „Willi Am Ende“. Es ist schwer diese CD einzuordnen – nein, es ist eigentlich unmöglich. Zulegen werden sich eine solche CD sicherlich nicht sehr viele Leute, aber wer etwas ausgefallenes, kritisches, anderes, bissiges, aber auch musikalisch ausgereiftes sucht, wird hier nichts verkehrt machen. Diese Platte hat für mich den Eingangs schon erwähnten Kultstatus!
ich will mich kurz fassen; kuuuult! kaufen!! sofort!!