Es soll ja nicht wenige geben, die mit der Neuen Deutschen Härte als musikalische Strömung nicht viel anfangen können. Bands wie OOMPH!, RAMMSTEIN oder UNHEILIG dürften aber wiederum selbst den stursten Muffeln geläufig sein. Sogar dem Haselnuss-Schlagerbarden HEINO sind schon Klänge entwichen, die Stilelemente der NDH aufweisen („Schwarz blüht der Enzian“, 2014). Aber Spaß beiseite: Zu den bekannten Vertretern der NDH zählt zweifelsohne die 2008 in Göttingen gegründete, vierköpfige Band STAHLMANN, die nun mit „Quarz“ ihre insgesamt siebte Langrille vorlegt. Den Albumtitel erläutert Sänger, Bandgründer und Produzent Martin Soer dahingehend, dass die Band mit „Quarz“ thematisch stärker an die früheren Veröffentlichungen „Quecksilber“, „Adamant“ oder „CO²“ anknüpfen wollte. Womit das ja geklärt wäre.
Nächtliche Krähen als düsteres Vorzeige–Event
Die zehn Songs umfassende, mit einer Spielzeit von 33 Minuten übersichtlich strukturierte Scheibe beginnt mit den beiden treibenden Dampfhammer–Nummern „Wollust“ und „Sünder“ schon mal recht vielversprechend. Natürlich sind hier deutliche UNHEILIG– und RAMMSTEIN–Einflüsse herauszuhören, nur mit dem Unterschied, dass STAHLMANN es nach meinem Empfinden schaffen, etwas mehr Wumms durch die Boxen zu jagen. Insbesondere „Sünder“ besticht mit druckvollen Riffs, die dem Song seine melodische Grundstruktur verpassen. Auch der waffenscheinpflichtige Chorus belagert umgehend die Gehörgänge. Es gibt schlechtere Wege, ein Album zu eröffnen.
Mit der bereits im August veröffentlichten Single „Krähen der Nacht“ geht es dann deutlich düsterer und atmosphärischer zu. Textzeilen wie „Wie die Krähen der Nacht, schwarz und unerkannt, auf dem Weg in den Untergang“ mögen einerseits klischeehaft wirken, entfalten aber andererseits eher genreuntypischen, melancholischen Tiefgang. Musikalisch wird das eindrucksvoll unterlegt mit einem dichten Soundteppich – inklusive elektronischer Elemente, die ihre Wirkung nicht verfehlen – sowie einem fast schon episch anmutenden Chorus. Ein echtes Album–Highlight, Hut ab! „Gottmaschine“ wurde schon im Mai samt Video vorgestellt und dröhnt ebenfalls ganz ordentlich in den Lauschern, ohne allerdings zu sehr zu flashen. Vielleicht liegt es an den monotonen Riffs, die dann doch wieder zu sehr an RAMMSTEIN erinnern. Das nur zweieinhalbminütige „Sonnenreich“ lässt sich trotz einiger nerviger Elektro–Klänge wieder ganz gut hören, zumindest ist das Stück samt der Gitarrenarbeit wieder etwas eingängiger.
Mit dem wuchtig instrumentierten, symphonisch angehauchten „Der Sturm“ setzt STAHLMANN dann noch mal eine ähnliche Duftmarke wie bei „Krähen der Nacht“. Auch hier strahlt der Song eine fesselnde melancholische Grundstimmung aus, die aber nicht über das Ziel hinausschießt – zweifellos eine weitere Attraktion des Silberlings. „Tobsucht“ kann mit Abzügen empfohlen werden; letztlich fehlt es hier aber an der produktiven Substanz, um wirklich hängenbleiben zu können. Die finstere, in etwas moderneren Klängen verpackte Mid–Tempo–Nummer „Herz und Tränen“ geht dann wieder etwas bequemer ins Ohr.
STAHLMANN liefern herausragende Momente, aber auch viel Altbekanntes
Leider wurde die Chance verpasst, das Album mit „Der Sturm“ auf hohem Niveau ausklingen zu lassen. Stattdessen gibt es „Willst Du“ als Finisher, das einmal mehr wie Altbekanntes aus der genrespezifischen Konserve wirkt. Genau hier liegt die Krux: Die Wechselwirkungen zwischen herausragenden Nummern (insbesondere „Krähen der Nacht“, „Der Sturm“, „Sünder“) und mehr oder weniger NDH–Alltagsware sind schon manchmal recht anstrengend. Dass STAHLMANN richtig gute Musik draufhaben ist ebenso offensichtlich wie der Hang zu den im Genre charakteristischen Riffs, Texten und Songstrukturen. Die musikalischen Sternstunden offenbaren sich jedenfalls in den schwermütigen und atmosphärischen Dark–Rock–Momenten; hier wird dann auch der Wiedererkennungswert von STAHLMANN signifikant. Der Rest hält leider nicht mit, was in Anbetracht des musikalischen Potenzials der Band eigentlich schade ist.
Text: Christian Flack
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