Geht zu viel Oldschool eigentlich? Diese Frage haben SPEED LV̇FTER für sich mit einem eindeutigen „Nein“ beantwortet. Das Trio besteht mit Oli Frank und unserem Kollegen Dominik Rothe zu zwei Dritteln aus Mitgliedern der Ruhrpott-Thrasher TASKFORCE TOXICATOR und hat sich auf seiner Debüt-EP „Tornado of Blades“ dem Speed Metal ganz alter Schule verschrieben.
Hier stehen sowohl frühe EXCITER, DESTRUCTION und AGENT STEEL als auch kontemporäre Genre-Vertreter wie RANGER und STALLION Pate, wobei SPEED LV̇FTER noch eine ganze Ecke ruppiger daher rödeln als Letztgenannte. Schöngeistigkeit, progressive Strukturen oder technische Kabinettstücke sollte man nicht erwarten, hier gibt es durchgängig aufs Maul, und zwar zügig.
Der SPEED LV̇FTER dreht durch
„Druckluft“ lädt im Schweinsgalopp zum Zappeln und Kreiselbangen ein, „Deadly Aerosol“ beginnt dafür etwas grooviger und hebt den Bass-lastigen Sound hervor, schraubt aber nach kurzer Zeit das Tempo auch auf ein angemessenes Speed-Metal-Niveau hoch. Beim Titeltrack drücken SPEED LV̇FTER das Gaspedal dann wieder direkt voll durch und spiegeln damit quasi den Opener, Gangshouts inklusive. Zum Abschluss täuscht „Evil Kanüwel“ zunächst balladesk-atmosphärische Töne an, brät dann aber ebenfalls so unvermittelt wie erwartet im Eiltempo los.
Auf instrumentaler Ebene ist bei SPEED LV̇FTER alles paletti und bei aller Ruppigkeit zeigen einige geile Solo-Einlagen, dass die Jungs ihr Handwerk durchaus verstehen. Am Gesang dürften sich allerdings die Geister scheiden. Zwar sind hohe Tonlagen in diesem Genre ja absolut keine Seltenheit, bei den schrillen und nicht immer zu 100% sattelfesten Schreien von Frontmann David Riekhoff droht einem beizeiten aber schon die Keramik aus der Kauleiste zu platzen. Ein bisschen was hat das manchmal von Micky Maus auf Speed und trägt sicherlich zum ungestümen, leicht kauzigen Charme der Truppe bei, manche könnte dieser vokale Extremsport aber auch abschrecken.
Für Liebhaber von Oldschool Speed Metal
Nach nicht ganz 13 Minuten ist der wilde Ritt dann auch schon wieder vorbei, sollte passionierten Oldschool-Speed-Metal-Fans aber in dieser kurzen Zeit durchaus ein nostalgisches Grinsen aufs Gesicht gezaubert haben, vorausgesetzt sie kommen mit dem wirklich gewöhnungsbedürftigen Gesang und der sicherlich bewusst etwas rumpeligen Produktion klar. „Tornado of Blades“ umweht auch 2022 ein anachronistischer, siffiger Hauch von Turnschuh-Schweißfüßen, abgestandenem Dosenbier und stickiger Proberaumluft.
Sound-Fetischisten und alle, die nach etwas Innovation oder großem Abwechslungsreichtum suchen, werden hier zwar eher nicht glücklich; die direkte, etwas unbedarfte Herangehensweise versprüht aber Authentizität und den Spaß an der Sache kauft man SPEED LV̇FTER problemlos ab. Der entsprechenden, zugegeben eng abgesteckten Zielgruppe (zu erkennen an speckiger Lederjacke, Patronengurt, ausgelatschten Turnschuhen und optionaler Rotzbremse) seih also guten Gewissens empfohlen, sich ein paar Durchläufe von „Tornado of Blades“ zu geben.
Offenlegung: Der Gitarrist Dominik Rothe ist für uns als Redakteur tätig.
Wie verzweifelt kann man eigentlich nach 80er Jahre-Gerumpel klingen wollen?
Klingt absolut fürchterlich. Meine armen Fußnägel…