Als Sohn eines legendären Musikers wie Phil Collins hat man es sicherlich nicht immer einfach. Insbesondere dann, wenn man selbst eine musikalische Karriere einschlägt. Stetige Vergleiche und das gebetsmühlenartige Bemühen der „großen Fußstapfen“, in die man doch bitteschön treten soll, sind wahrscheinlich nur zwei von vielen Dingen, die Simon Collins in diesem Zusammenhang heftig auf die Nerven gehen. Andererseits: Völlig ausblenden kann man die Familiengeschichte von Collins Junior dann auch wieder nicht, schon alleine da beide eine verblüffend ähnliche Stimmfärbung aufweisen. Um aber unnötiges Phrasendreschen zu vermeiden und aufgrund der Tatsache, dass ich die mittlerweile drei veröffentlichten Soloalben des Kanadiers ohnehin nicht kenne, werde ich im Folgenden versuchen, das Debüt von SOUND OF CONTACT (Co-Bandleader ist neben Collins der Keyboarder Dave Kerzner) ausschließlich nach einem Kriterium zu bewerten: der Musik.
„Dimensionaut“ ist ein Konzeptalbum über einen durch Raum und Zeit reisenden Protagonisten. Und wie sich das für solche Thema-Scheiben gehört, kommt die Platte entsprechend opulent daher: Die zwölf Tracks ergeben zusammen eine Spielzeit von über 70 Minuten. Stilistisch bewegen sich Simon Collins & Kollegen dabei vor allem im Progressive-Rock-Segment, zudem verleihen die recht variablen, teils ausladenden Keyboard-Arrangements der ganzen Sache einen Anstrich, den man heutzutage wohl am treffendsten mit dem Label „Space Rock“ beschreiben kann. Und auch ein gelegentlicher Pop-Appeal ist den Kompositionen nicht abzusprechen.
Herzstück der Platte ist das in vier Quasi-Kapitel unterteilte „Möbius Slip“, ein 20-minütiger Prog-Opus, der neben dem immer wieder trefflich platzierten Gesang vor allem viel Synthie-Atmosphäre und sehr einprägsame, frische Gitarren-Hooks bietet. Dabei wird eine gute Balance zwischen den verspielten Instrumenal-Parts und den eher sparsam arrangierten Vocal-lastigen Strophen geboten, die sehr transparente, aufgeräumte Abmischung setzt das Ganze zudem vorzüglich in Szene.
Allerdings rangieren nicht alle der restlichen Songs auf diesem hohen Niveau. Wirklich gefallen können neben einem Duett mit Gastsängerin Hannah Stobart (THE WISHING TREE) in „Beyond Illumination“ weiterhin das eingängige „Pale Blue Dot“ und das tiefgründig daherkommende „Omega Point“. Und auch der instrumental gehaltene Opener „Cosmic Distance Ladder“ kann mit versiertem Drumming (Collins hat neben dem Gesang auch das Schlagzeug eingespielt) und vertrackter Rhythmik überzeugen. Tracks wie das etwas zu glatt klingende „Closer To You“ oder das unspektakuläre „I Am Dimensionaut“ hingegen sind zwar routiniert dargereichte Prog-/Art-Rock-Nummern, besitzen aber für meinen Geschmack nicht das individuelle Flair, welches den zuvor erwähnten Album-Highlights innewohnt.
Folglich tritt während des 70-minütigen Durchlaufs dann doch die ein oder andere Länge auf. Insgesamt betrachtet ist „Dimensionaut“ aber dennoch eine wirklich ambitionierte Platte mit einer Handvoll Klasse-Songs. Zudem gelingt es Collins, den 80er-Prog in das neue Jahrtausend zu heben – trotz zahlreicher klassischer Einflüsse alá MARILLION & Co klingen die Tracks zu jeder Zeit frisch und zeitgemäß. Ohne die etwa 20 Minuten Leerlauf hätte „Dimensionaut“ sicher noch ein, zwei Punkte mehr verdient. Prog-Freunde sollten definitiv mal reinhören.
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