Sons Of Apollo - MMXX

Review

Das Prinzip hinter SONS OF APOLLO ist einleuchtend und ebenso genial wie seinerzeit das Prinzip von ASIA: Ein paar jung gebliebene Haudegen aus namhafteren, musikalisch durchaus verschiedenen Umfeldern raufen sich zusammen, um einfach mal ohne (zu) große Schnörkel gemeinsam zu rocken, dass die Fetzen fliegen. Das hat sich bereits beim Erstling „Psychotic Symphony“ bewährt und kam gut an, auch wenn die Kiste bei ihrem Jungfernflug hier und da noch etwas wackelte. Aber jetzt kenne man sich etwas besser untereinander und sei auf dem neuen entsprechend mehr aufeinander eingespielt, so Mike Portnoy laut Presseinfo.

Apoll und Söhne schreiben das Jahr „MMXX“

Dabei mangelt es einer Kombo wie dieser gewiss nicht an Talent, immerhin liest sich das Lineup neben Portnoy wie folgt: Derek Sherinian, Jeff Scott Soto, Ron ‚Bumblefoot‘ Thal und Billy Sheehan. Allein die Portfolios der Beteiligten sprechen für sich, sodass hier technisch wie auch beim Vorgänger ganz sicher nichts anbrennen wird. Stilistisch ist man auf „MMXX“, dem hier vorliegenden, neuen Album, die gleiche Schiene gefahren und verbindet top produzierten Stadion-Rock der etwas druckvolleren Sorte mit einer leichten Neigung in Richtung Prog – dazu gleich.

Hier macht die breitbeinige Produktion einiges aus, dank der die Söhne Apolls mit offenen Karten spielen können. Theatralische Melodien und wilde, frickelige Soli von Gitarre und Keyboard stehen neben kernigen, treibenden Rockern. Portnoy schnürt das rhythmische Korsett dergestalt, sodass es locker und elegant sitzt. Er peitscht aber ein paar nette Grooves aus seinen Fellen und Kesseln. Thal und Sheehan halten ryhtmisch Schritt mit teils funkigen, teils bluesigen und teils schlicht testosterongeladen pumpenden Riffs, während Sherinian mit seinen Synthesizern mal Bombast, mal Mystik oder auch mal einfach nur Orgel injiziert.

Portnoy und Co. lassen natürlich nichts anbrennen

Ist also alles ähnlich gut aufeinander abgestimmt wie auf dem Vorgänger und produziert ein ums andere Mal große Momente wie die lässigen Grooves gegen Ende von „Resurrection Day“. Dennoch macht sich nach und nach das Gefühl breit, dass es ein bisschen an der Inspiration an sich gemangelt haben könnte. Die instrumentale Starpower hierhinter leistet natürlich ganze Arbeit, oberflächliche Falten glatt zu bügeln und „MMXX“ zu einem mindestens mal kurzweililgen Rock-Album von edler aber nie zu sauberer Qualität zu machen. Aber das alles klingt teilweise schon zu sehr wie Dienst nach Vorschrift.

Da ist zum einen der Gesang von Jeff Scott Soto, der eine kompetente Darbietung hinlegt, dessen Hooks aber eher safe sind, da er zum Großteil in der gleichen Stimmlage verweilt. Er schwingt sich zu selten zu gewagteren, hymnischeren Höhen empor, die ein theatralischer Stampfer der Marke „King Of Delusion“ förmlich einfordert. Das zweite sind die Soli, die nach dem zweiten oder dritten Song ihren Reiz verlieren, da sie irgendwie immer gleich klingen. Es ist das Prog-typische, unnötig langgezogene Gedudel auf Gitarre und Keyboard, das scheinbar auch nur existiert um die Starpower des Projektes zu rechtfertigen, und wo man irgendwie einfach nur da sitzt und wartet, bis die Herren fertig gefummelt haben, damit der interessante Teil des Songs weitergehen kann.

Die SONS OF APOLLO könnten aber ungezwungener klingen

Dabei machen es SONS OF APOLLO beim Rausschmeißer „New World Today“ technisch gesehen ja genau richtig, da sie dem Song zur rechten Zeit einen kräftigen Adrenalinschub verpassen. Auch „King Of Delusion“ ist mit mystischer Klavierornamentik verziert und rechtfertigt dadurch seine Überlänge wenigstens ein bisschen. Von solchen Breaks und Songwriting-Kniffen hätte „MMXX“ mehr vertragen können, ebenso mehr Mut zum Cheese bei den Hooks und dafür weniger Standard-Gefrickel. Schließlich stecken hierin letzten Endes relativ gewöhnliche, auf Prog-Länge aufgeplusterte Rock-Songs, die kürzer würziger gewesen wären.

Aber das, was die Band hier an kantigen Rockern darbietet, funktioniert im Allgemeinen gut genug für das gehobenere Abrocken zwischendurch, produziert mit „Fall To Ascend“ sogar einen richtigen Über-Hit mit eingebautem Arschtritt. Der hätte aber ebenso ohne dudelwütigen Solo-Part wunderbar auskommen können, wenn man ihn denn gelassen hätte…

12.01.2020

Redakteur für Prog, Death, Grind, Industrial, Rock und albernen Blödsinn.

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