Sonic Reign - Raw Dark Pure
Review
Wer SONIC REIGN noch von ihrem „The decline portrait“-Minialbum kennt, tilgt zunächst einmal alle Erinnerungen an dieses ganz anständige, aber viel zu sterile Scheibchen, bevor er oder sie mit dem Lesen dieses Reviews fortfährt. Bis auf eine: „hatte was von SATYRICON“, das bis auf die Mitglieder und den Bandnamen aber auch die einzige Verbindung zwischen der 03er-Veröffentlichung und dem gerade erschienen Debütalbum „raw dark pure“ ist.
Auch das erinnert – teilweise frappierend – an „Rebel Extravaganza“, „Volcano“ und auch an „Now, Diabolical“, wenn es auch innerhalb der acht Stücke um einiges rockiger und dynamischer zugeht als jemals bei Satyr und Frost. SONIC REIGN im Jahre 2006 sind derart energisch, abwechslungsreich und kompakt, dass einem eigentlich bei jedem Song die Mütze wegfliegt. Jedes Stück entfaltet eigene Identität, von dem knackigen Opener „Deceit Doctrine“ bis zum eher atmosphärischen, schmissigen Titelstück am Ende. Zwischendurch knüppeln solche Kracher wie „Fucked up but glorious“ (gleich mit einem halben Dutzend Killerriffs in atemberaubendem Blastbeat- und Doublebasstempo) oder „Tyrant blessed“ (das fast an klassischen Heavy Metal erinnert, nur auf doppelter bpm-Zahl dargeboten) wie besessen durch die Boxen, aber auch sehr sphärische, schleppende Songs wie „Salt“ und das extrem düstere, fast etwas progressive „To rebel and to fail“ haben ihren Platz auf die nur 40 Minuten lange Scheibe gefunden. In letzterem ist übrigens ab der 4:30-Minuten-Marke das Riff des Jahres zu hören. Wem da die Schauer nicht im Stakkatorhythmus über den Rücken jagen, ist vermutlich auch gegen EMPEROR immun. Von ähnlichem Kaliber gibt es allerdings tonnenweise zu entdecken, das Zusammenspiel zwischen Lead- und Rhythmusgitarren mit dem Bass ist für Black-Metal-Verhältnisse so gut wie einmalig.
Man merkt schon am Vokabular der Songtitel: ohne „Rebel Extravaganza“ gäbe es diese Scheibe nicht, und daraus machen die beiden Herren hinter SONIC REIGN auch keinen Hehl. Brauchen sie auch nicht, von einem reinen Plagiariat sind sie noch immer meilenweit entfernt und haben darüber hinaus mühelos genug Eigenes zu bieten, das ihr Album für Freunde dynamischen, anspruchsvollen Black Metals interessant macht. Das fängt bei den wirklich komplexen Gitarrenstrukturen an, zieht sich über bis ins kleinste Detail perfekte Arrangements aller Instrumente in allen nur denkbaren Tempi und Variationen, variabel eingesetzten Gesang mit sehr viel Flair und wichtige Details (wie mit traumwandlerischer Sicherheit eingesetzte Effektgitarren) bis hin zu der wirklichen unglaublichen Produktion. Nach einem Jahr Arbeit an diesem Meisterstück ist hier jeder Ton an der richtigen Stelle, das Schlagzeug ist ungeheuer natürlich und druckvoll, die Gitarren treffen sich genau auf der Mitte zwischen beißender, zielgenauer Aggression und aufgefächtem Klangspektrum der Marke THORNS. Nicht zu vergessen die interessanten, sehr kämpferisch angelegten englischen Texte, die in einem sehr stilvollen, kreativ gestalteten und sehr düsteren Booklet nachzulesen sind.
Womit SONIC REIGN vor allem punkten werden ist ihre Unverbrauchtheit und der Überraschungsmoment – mit so einem Album hat aus Deutschland kein Mensch gerechnet, da bin ich mir sicher. Mit dieser Leistung muss sich die Band auf alle Fälle hinter keiner Black-Metal-Zusammenrottung der Welt verstecken, „raw dark pure“ spielt auf einer Augenhöhe mit der Genreelite dieses Kontinents und steckt meiner Ansicht nach sogar einen Großteil etablierter Kapellen in die Tasche. Es gibt nur zwei Haken: zum einen werden wir dieses Material wohl leider niemals live erleben, obwohl die Stücke geradezu prädestiniert dafür sind; und zum anderen: es klingt eben doch ziemlich nach SATYRICON. Den einen Punkt, der zur Höchstpunktzahl fehlt, kassiert Satyr für die inspirative Vorarbeit.
Sonic Reign - Raw Dark Pure
Band | |
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Wertung | |
User-Wertung | |
Stile | Black Metal |
Anzahl Songs | 8 |
Spieldauer | 40:46 |
Release | 2006-07-26 |
Label | Sovereignty Productions |