Solution .45 - Nightmares In The Waking State - Part II

Review

Immer mehr gewinnt man den Eindruck, dass SOLUTION .45 genau die Band ist, die dieser Tage noch unter dem Banner SCAR SYMMETRY existieren würde, wenn Christian Älvestam dort noch singen würde – als sei dieses Projekt dazu gedacht, um seiner einstigen Band zu zeigen, wo SCAR SYMMETRY heute, sprich: mit dem neuen Album „Nightmares In The Waking State – Part II“, stünden. Allerdings haben SOLUTION .45 die ewigen Vergleiche mit Älvestams ehemaligen Arbeitgebern vermutlich auch mittlerweile satt, immerhin ist hier eine ziemlich bunte Truppe zu hören, deren Mitglieder für Bands wie STRATOVARIUS, MISERATION, DIVINEFIRE und ESSENCE OF SORROW spielen oder gespielt haben.

Zwischen SOLUTION .45 und SCAR SYMMETRY 2.0

Aber was nützt das, wenn SOLUTION .45 nun mal wie ein genretreuer Ableger von SCAR SYMMETRY klingen? Das ist nicht mal als Kritik gemeint, im Gegenteil: Während SCAR SYMMETRY selbst derzeit ganz gut mit dem neuen Sängergespann fahren, setzen SOLUTION .45 auf „Nightmares In The Waking State – Part II“ dort an, wo „Pitch Black Progress“ und „Holographic Universe“ aufgehört haben.

Mehr noch: Das Album scheint über diesen Tellerrand hinwegblicken, eine Art alternative SCAR SYMMETRY-Realität aufspannen zu wollen mit Songwriting, das teilweise mehr Prog als Melodic Death Metal enthält – das fällt etwa gegen Ende von „Built On Sand“ oder beim verqueren Rausschmeißer „Heavy Lies The Crown“ auf. Dabei bedient die Band das Thema „Nightmare“ nicht nur im lyrischen Kontext, sondern auch im musikalischen.

Ein faszinierender Albtraum…

Das Rezept hierfür ist denkbar simpel: SOLUTION .45 nehmen den vertrauten Ansatz des Älvestam’schen Melodic Death Metal und verdrehen ihn durch subtile Kniffe zu etwas Andersartigem. Das geschieht vor allem durch kleine, gemeine Dissonanzen in ansonsten gewöhnlich wirkenden Melodien, die einen nur zu gerne aufs SCAR SYMMETRY-Glatteis führen („Mind Mutation“), wird aber auch durch ominöse Synthesizer erzeugt, welche den Songs einen gewissen, bedrohlichen Bombast verleihen („Misery Mantra“). Gleichzeitig gibt die Band dem Hörer aber auch immer ausreichend Vertrautheit und Sicherheit zurück, in Form von schönen, teilweise fast schon kitschigen Harmonien in Verbindung mit Älvestams klarem Gesang („What Turns The Wheels“) oder ebenso erbaulischen Soli, die gerne mal nur wenige Schnörkel vom Schmalz entfernt sind („Built On Sand“). Daraus ergibt sich ein eigenartiges Gleichgewicht zwischen albtraumhaften und einladenden Passagen. Und zwischen alledem erlebt der Hörer immerzu Throwbacks in den Prä-2008-Sound von SCAR SYMMETRY mit den charakteristischen Rhythmusgitarren, treibenden Rhythmen, eingängigen Melodien und natürlich dem Gesang, dem nunmehr Robert Karlsson und Lars Palmqvist nacheifern.

… mit kleinem Schönheitsfehler

Produktion und Klang des Albums sind bombastisch. Musiker und Sänger erlauben sich keine Patzer, das Songwriting ist abwechslungsreich, hält den Hörer mit interessanten Wendungen bei der Stange und gibt sich ebensowenig die Blöße – mit einer Ausnahme: Einige Songs enden mit hässlichen Fadeouts, die man geschickt hätte umgehen können – das betrifft unter anderem „Built On Sand“ und „Misery Mantra“. Gerade mit der Albtraumthematik hätte ich mir auch den ein oder anderen abrupten Schluss vorstellen können, der das verschreckte und plötzliche Aufwachen aus dem Traum symbolisiert. Das erfordert natürlich einiges an Mut beim Songwriting und kann sicher auch schnell nach hinten los gehen, wenn man nicht vorsichtig ist, aber hier hätten sich SOLUTION .45 deutlich von SCAR SYMMETRY abheben und zeigen können, dass sie tatsächlich weiter fortgeschritten sind und nicht mehr in deren Schatten stehen.

Es ist eine riesige Gelegenheit, die Älvestam und Co. da durch die Lappen gegangen ist und die dieses großartige Album noch besser gemacht und näher an die Perfektion getrieben hätte. Damit ist „Nightmares In The Waking State – Part II“ zwar kein genredefinierendes Werk geworden, aber eines, das sich Fans des anspruchsvollen, melodischen Death Metals keinesfalls entgehen lassen sollten – Fans von SCAR SYMMETRY sowieso nicht.

29.08.2016

Redakteur für Prog, Death, Grind, Industrial, Rock und albernen Blödsinn.

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