Sól Án Varma - Sól Án Varma

Review

Treffen sich zwei Isländer mit Walter Hoeijmakers: Was wie ein guter „kommt-jemand-in-eine-Bar“-Witz anfängt ist der Auftakt zu „Sól Án Varma“, dem Album des gleichnamigen Projektes. „Sól Án Varma“, die kalte Sonne, ist hervorgegangen aus einem Format des legendären Roadburn Festivals, das Künstler mit der Perfomance eines eigens hierfür erschaffenen Werkes beauftragt – eine als einmalige Show angelegte Performance, die für dieses Festival erarbeitet und anschließend exklusiv dargeboten wird. Namhafte Künstler sind bereits mit derartigen Auftritten in Erscheinung getreten – von TRIPTYKON über WOLVENNEST bis PERTURBATOR.

T.Í. und D.G, unter anderem bei MISÞYRMING aktiv, haben sich durch Roadburn-Veranstalter und Mastermind Walter Hoeijmakers ebenso überzeugen lassen ein Konzept auszuarbeiten – und hierfür fix namhafte Mitstreiter der isländischen Musikszene rekrutiert, insbesondere bei den Kollegen von SVARTIDAUÐI, ÁRSTÍÐIR LÍFSINS und WORMLUST. Herausgekommen ist ein wuchtiger und finsterer Brocken Black Metal, der klar die Handschrift der zeitgenössischen isländischen Szene trägt und deren verschiedene Facetten durchscheinen lässt.

„Sól Án Varma“ – von der Bühne ins Studio

Nach erfolgreicher Darbietung auf dem Roadburn Festival 2018 wurde der Entschluss gefasst, diese Performance zwar einmalig zu belassen, das komponierte Songmaterial aber für die Nachwelt zu erhalten – und zwar nicht in Form eines sonst üblichen Live-Albums, sondern als Studioalbum, dessen Einspielung ein Jahr nach dem Auftritt begonnen, im Dezember 2020 abgeschlossen und heuer durch Ván Records veröffentlicht wird. So kann fünf Jahre nach dem überragenden Auftritt die Befassung mit dem Material auch daheim nachgeholt werden. Glücklicherweise, denn zugegebenermaßen wirkte „Sól Án Varma“ live aufgrund hoher Lautstärke und ohne Möglichkeit der Vorbereitung auf das Material ziemlich erschlagend. Die düstere Atmosphäre und die eindringliche Visualisierung leisteten einen gewichtigen Beitrag hierzu, dass das Erlebnis eindrücklich, aber auch leicht überfordernd war. Durch die Studioaufnahme kommt der Sound der Isländer deutlich differenzierter zur Geltung, aber auch etwas weniger intensiv als seinerzeit im 013 in Tilburg.

SÓL ÁN VARMA (Live) – (Foto: Paul Verhagen)

Zwar unterteilt sich „Sól Án Varma“ formal in zwölf Titel, dennoch ist das Album als zusammenhängendes Stück für die Bühne konzipiert. Ein punktuelles herausgreifen einzelner Titel ergibt daher keinen Sinn – das Werk ist in Gänze zu konsumieren und idealerweise unterbrechungsfrei. Die damit einhergehende Herausforderung, über knapp siebzig Minuten die Spannung aufrecht zu erhalten, meistern die Isländer gekonnt. Das Tempo variiert häufig, zwischen langsam-schleppend, dissonant-verzerrt und kühl-rasend ist alles dabei, wobei die Grundrichtung doch eher doomig denn flott ausgerichtet ist. Wenn zudem schräge Geigen durch die Szene wandern, sich erhabener sakraler Gesang oder ein mehrstimmiger Gesang erhebt, ein spaciges Keyboard erklingt, dann kitzelt es ganz wohlig auf der Haut. Und genau diese Abwechslung macht „Sól Án Varma“ auch nicht mit dem ersten Durchgang erschließbar, sondern fordert wiederholt volle Aufmerksamkeit – erst nach und nach kann der drückende und vollgepackte Sound zerlegt werden.

Es wäre wirklich tragisch, wäre das Material nach dem einmaligen Roadburn-Auftritt sang- und klanglos verschwunden. „Sól Án Varma“ ist ein wunderbarer Querschnitt isländischen Black Metals und passt ausgezeichnet ins Plattenregal neben die großen isländischen Black-Metal-Epen wie „Revelations Of The Red Sword“ oder „Söngvar Elds Og Óreiðu“.

08.04.2023

Iä! Iä! Cthulhu fhtagn!

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