Als Teil des exzellenten, internationalen Doom-Kollektivs CLOUDS (u.a. mit Mitgliedern von EYE OF SOLITUDE, SHAPE OF DESPAIR, PANTHEIST, OFFICIUM TRISTE und HAMFERĐ) dürfte „Déhà“ schon einigen über den Weg gelaufen sein, als Mastermind seines Ein-Mann-Projekts SLOW dagegen vielleicht eher nicht. Was eine regelrechte Schande ist, denn im weltweit überschaubaren Pool mehr oder weniger aktiver Funeral Doom Outfits (die Metal Archives zählen gerad etwas mehr als 500 Einträge) gehört SLOW (übrigens nicht zu verwechseln mit dem gleichnamigen und stilistisch ähnlich gelagerten Projekt von TCHORNOBOGs Markov Soroka) zum Besten, was das Genre derzeit zu bieten hat.
Für diese Lobpreisung muss das fünfte Studioalbum „V – Oceans“ weder revolutionär sein noch sich an weniger dankbaren Sujets als den Abgründen der Weltmeere abarbeiten. Es reichen die kompositorische Treffsicherheit, das eng geschnürte Genre-Korsett bis ins hinterste Eck mit kreativem Eifer breitestmöglich auszufüllen, mit der Déhà SLOWs Diskographie in regelmäßigen Abständen von zwei Jahren entwickelt und gewandelt hat – von den Ambient-/Drone-Anfängen „I – Silence Lives Out/Over Whirlpool“ über die sich monströs dahinziehenden Zwei-Song-Epen „II – Deeper In The Space, Higher In The Ocean“ und „III – Gaïa“ bis zum strukturierteren weil in fünf in sich abgeschlossene Tracks aufgebrochenen „IV – Mythologiæ“. „V – Oceans“ vertraut ebenfalls auf eine Fünfteilung, dies jedoch nur als organisatorischer Kniff, dem hier maritim metaphorisierten Zyklus von Leben und Tod erzählerische Orientierung zu verleihen: in der Downloadversion ist es auch als Single-Track-Version enthalten und das aus gutem Grund.
„V – Oceans“ ist nämlich im Vergleich zu seinem schwächeren Vorgänger wieder auf Konsum am Stück ausgelegt und zehrt wie schon die Frühwerke SLOWs viel stärker von Déhàs Fähigkeit, epenlang wie aus einem Guss und in sich abgeschlossen zu komponieren. Der thematische Überbau aus „Aurore“, „Ténèbres“, „Déluge“, „Néant“, „Mort“ (Erwachen – Finsternis – Sintflut – Nichts – Tod) mag so abgedroschen sein wie Wasser nass ist, auf die Langdistanz umschifft der gebürtige Belgier jedwede Länge mit zielsicherem Gespür für vereinnahmende Spannungsbögen. „V – Oceans“ zeichnet eine fortwährende Dynamik aus akustischer Ebbe und Flut aus, in der sich wie über tosende Wellen schwebende Leads einsamster Melodik mit brachialer, in sich zusammenkrachender Riffgewalt abwechseln und dramatische Key-Teppiche sowie die abgründigen Growls Déhàs als klanggewordene Depression über allem thronen. Wäre der Terminus „Nautik Funeral Doom“ nicht schon längst geprägt, SLOW wäre heißester Anwärter. Ertrinken war wohl nie schöner.
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