Fast könnte es einem leidtun um SLITHERING DECAY. Denn eigentlich ist auf dem Debüt der Belgier mit dem Namen “Aeons Untold” objektiv alles richtig: Genre-Schlagworte im Bandname und Albumtitel, klassische ENTOMBED-Fraktur im Bandlogo, ein Cover Artwork wie aus ’ner Lovecraft-Ausgabe und – unverzichtbar – on top ein voll aufgezwirbeltes HM2-Pedal. Wer jetzt denkt “Boah geil, endlich der würdige Nachfolger von ‘Clandestine’/‘Indecent & Obscene’/Hier bitte favorisiertes Schweden-Death-Album einsetzen!”, sollte allerdings aufpassen.
SLITHERING DECAY: Kein Traumstart, aber gehobenes Mittelmaß
Im Kern ist SLITHERING DECAYs Problem, dass alles an “Aeons Untold” seit exakt dreißig Jahren erprobt und bewährt ist. Am Bewahren des Bewährten ist generell nichts falsch. Es führt in diesem Fall jedoch zu einem Album, das so bedauernswert generisch ist wie die allabendliche Portion Nudeln mit Ketchup in einer unmotivierten Studi-WG. Funktional: ja. Schmerzfrei: überwiegend auch. Ästhetisch? Eher nicht. Man ist am Ende des Tages schon froh, wenn man’s hinter sich gebracht hat.
Dabei handwerkeln SLITHERING DECAY grundsätzlich solide; einige der schönen Gitarrensoli retten “Aeons Untold” sogar aus dem gröbsten Mittelmaß heraus. Gerade in der Mitte der Scheibe nimmt das Geschehen um das Triple “Embedded In Hollowness”, “Internal Dismay” und “Psychotic Ecstasy” erfreulich an Fahrt auf. Dementgegen muss aber auch gesagt werden, dass sich SLITHERING DECAY in Sachen Sound beinahe sämtlichen Alleinstellungsmerkmalen verwehren. Selbst wenn man dem Kettensägen-Sound des HM2 grundsätzlich zugetan ist, so haben sich spätestens seit den letzten fünf Jahren deutlich zu viele junge Death-Metal-Bands allein auf dieses Stilelement verlassen und vergessen, dass erst packende Songstrukturen und herausragende Riffs zu einer wirklich guten Platte beitragen. Zuletzt schafft es nicht einmal der Gesang von Jörgen in seinen Bann zu ziehen.
“Aeons Untold”? Besser wäre “Aeons Told Too Often” …
Als negatives Sahnehäubchen muss noch festgehalten werden, dass man diesen klassischen, schwedischen Sound der frühen Neunziger nicht zuletzt mit dem entsprechenden Herzblut und absoluter Kompromisslosigkeit spielen muss, um heutzutage noch relevant zu sein. In dieser Hinsicht mangelt es bei SLITHERING DECAY leider ebenfalls. Die Drums klingen nervig-pappig, zwischen Becken und Vocals löschen sich gelegentlich Frequenzen aus und insgesamt ist auf “Aeons Untold” so manches Mal leider Clipping zu verzeichnen. Keine Ahnung, was ein verdingter Profi wie Dan Swanö hier angestellt hat, aber anscheinend hat der Gute in letzter Zeit wieder so viele neue Veröffentlichungen klangtechnisch betreut, dass er aktuell wieder priorisieren muss, in welche Alben er viel Herzblut steckt und welche eher unter “Dienst nach Vorschrift” laufen. Anders lässt sich dieser äußerst mittelprächtige Sound für eine klassisch orientierte Death-Metal-Platte kaum erklären. Dass er es besser kann und dass es momentan auch Bands gibt, die den typisch schwedischen Sound immer noch überzeugend umsetzen können, bewiesen zuletzt DEMONICAL, LIK oder SENTIENT HORROR.
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