Slime - Zwei

Review

Deutschpunk und SLIME sind zwei nahezu untrennbare Begriffe. Kaum eine Band hat das Genre derart beeinflusst. Diverse Veränderungen gab es in mehr als vier Jahrzehnten Bandgeschichte. 2020 verabschiedete sich der langjährige Frontman Dirk Jora und mit Tex Brasket gibt es eine neue Stimme am Mikrofon. Die ansonsten stabil gebliebene Besetzung fügt mit „Zwei“ ein neues Werk der Diskografie hinzu.

SLIME zwei oder SLIME „Zwei“?

Die Scheibe anno 2022 nennt sich „Zwei“. Wer die Band kennt, der wird sich eventuell an das Debüt Anfang der 80er erinnern. Der Name war „Slime I“. So stellt sich die Frage, ob „Zwei“ in Richtung des 80er Debüts geht oder ob Bandname und Titel als eine Message verstanden werden soll. Ist „Zwei“ als ein Neustart mit Brasket, sozusagen die zweite Version von SLIME mit neuem Sänger, anzusehen?

Wer Anarcho-Punk mit schrägen Gitarrentönen und simplen Drums im Style der 80er Jahre erwartet, der wird auf „Zwei“ nicht fündig. Ebenso ist Brasket keine Kopie oder Interpretation von Jora. Brasket interpretiert die Songs anders und gibt SLIME einen moderneren Touch, welcher sich an anderen Genrevertretern orientiert. Es gibt Punk Rock, dass bedeutet das die Gitarren die Töne treffen und die Songs nicht nur geschrien werden.

„Komm Schon Klar“ wurde bereits als Single veröffentlicht, Punk Rock mit typischen Themen über das Leben auf der Straße. „Nix Von Punkrock“ beschreibt das Gefühl, was primär der Antrieb für die Art von Musik ist. Es geht um das Spüren der Musik, auch wenn es an der ein oder anderen Stelle unrund ist. Das SLIME 2022 auch ganz anderes können zeigt „Taschenlampe“. SLIME mit Akustikgitarre klingt spannend, textlich wird der Bogen zu einem Track wie „A.C.A.B.“ und dem nach wie vor aktuellen Thema des bezahlbaren Wohnraums geschlagen. Der Song ist mehr Alternative Rock als Punk Rock, welchen SLIME stark interpretieren.

Direkt anschließend gibt es mitten in die Fresse. „Mea Culpa“ würde sich von der Aggressivität auch gut auf einer Scheibe wie „Schweineherbst“ machen. Brasket rotzt den Text über den sexuellen Missbrauch in den Kirchen raus und gibt der Hörerschaft das Gefühl, dass sein Mageninhalt gleich auf dem Boden liegt.

Andere Nummern zünden textlich weniger. „Outlaw“ dürfte live bezüglich der Melodie gut funktionieren, ansonsten verwundert ein Refrain über Ehre, Freundschaft, Bluten, Kämpfen und Anschaffen gehen, welches ein Outlaw-Leben eher glorifizierend rüberkommen lässt. „Sein Wie Die“ holt erneut die akustischer Gitarre raus. Der erhobene Zeigefinger mit dem Refrain „Lass uns niemals sein wie Die“ klingt mehr nach Phrasendrescherei als Inhalten. Melodischer, eingängiger Punk Rock mit den typischen Punk-Rock-Themen wird der Hörerschaft bei „Weil Fickt Euch Alle“, „Weggefegt“, „Wut Im Bauch“ oder „Auf Die Jagd“ auf die Ohren gehauen. Die Neuaufnahme von „Ebbe Und Flut“ zum Abschluss könnte auch auf einer Scheibe von MASSENDEFEKT oder SONDASCHULE zu finden sein.

„Zwei“ ist mehr SLIME 2.0 als SLIME „Zwei“

„Zwei“ zeigt SLIME als modernisierte Punk-Rock-Band, bei der gesellschaftskritisch der Blick auf verschiedene Themen gewagt wird. SLIME anno 2022 klingen nicht wie SLIME aus den 80ern. Der moderne Anstrich tut SLIME gut, wird die Fangemeinde der 80er Jahre jedoch spalten. SLIME anno 2022 wollen von der heutigen Gesellschaft gehört werden und liefern die passende Musik dazu. SLIME und „Zwei“ sollte vielmehr als SLIME 2.0 interpretiert werden. Die Band klingt anders, frischer und moderner als mit Jora am Mikrofon auf zum Beispiel „Wem Gehört Die Angst“ und legt einen vielversprechenden Neustart hin. Wer mit Punk Rock etwas anfangen kann, sollte „Zwei“ unvoreingenommen sein Gehör schenken.

10.08.2022

Ein Leben ohne Musik ist möglich, jedoch sinnlos

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