Sleepytime Gorilla Museum - In Glorious Times

Review

SLEEPYTIME GORILLA MUSEUM sind eine vollkommen andere US-Band. Bekannt für theatralische Liveauftritte, in denen sie mit der Erwartungshaltung der Hörer schon mal einigen Schabernack treiben, liefern sie uns nun mit „In Glorious Times“ neue musikalische Erkenntnisse. Oder? Bevor wir loslegen, rufen wir uns in Erinnerung, dass SGM experimentell, avantgardistisch, progrockig, metallisch, musicalhaft und exzentrisch zugleich vorgehen. BJÖRK, MESHUGGAH, ZAPPA, PRIMUS und andere, verrückten Zwischenspielen nicht abgeneigte Bands könnte man als Vergleich, Vorbild, was auch immer heranziehen.

Der Opener „Companions“ geht schon mal über zehn Minuten, beginnt MEAT LOAF-artig, wird von zahlreichen Breaks geschüttelt, stets gibts neue Wendungen, die Richtung wird gewechselt, auch gesangstechnisch, denn von opernhaft nach Art von MEAT LOAF bis rockig in BOWIE-Manier wird hier die gesamte Bandbreite an stimmlichen Möglichkeiten abgedeckt. Eine Linie ist nicht recht erkennbar; eher wirkt das ganze wie die Untermalung zu einem Theaterstück oder eben wie ein Musical. Einen Zugang finde ich unwürdiger überhaupt nicht. Das soll allerdings nichts heißen, MESHUGGAH sind auch gut und mir dennoch ein Rätsel. Ab Minute fünf langweilt der Opener, der Skip-Reflex macht sich bemerkbar und siegt nach dem Überstehen einer gräßlichen hingeleierten Gesangspassage, bei der mexikanische Trompeten den Hintergrund recht unstimmig bilden. „Helpless Corpses Inactment“ enthält wieder diese theaterhaften Vocals, also allmählich reißt mir der… da gibts plötzlich bösen Gesang und hektisches Riffing, nicht mehr als Strohfeuer allerdings. Eine Strophenphase oder Chorusse sucht man hier vergebens, alles wirkt wie Klagkaskaden, die zusammengeschustert wurden, ohne dem Song und seiner Struktur Beachtung zu schenken. Kann damit nichts, aber auch gar nichts anfangen. Gut, kurz schimmern für zwei Sekunden mal Erinnerungen an FAITH NO MORE auf; allein sie waren Götter dagegen (und auch sonst, klar).

„Puppet Show“ behält die schräge Linie bei, ist das nun SCHÖNBERG on Metal oder einfach nur das erstbeste, was SGM einfiel, als es an die Aufnahmen ging? Der Chor könnte fast BM-lastig sein, wieder haben wir Klänge zu einem experimentellen Film zu bewundern, der Akustikteil gefällt mir besser als alles vorherige. Der Chor taucht nochmals auf, immerhin, etwas mit Wiedererkennbarkeit haben sie dann doch untergebracht. Es wird auf diesem Werk das einzige Element dieser Art bleiben. „Formicary“ wird von einer weiblichen Stimme intoniert, die aus Deutschland sein könnte, ambitioniert, professionell-bühnenhaft, kurz anstrengend. Ganz schwer verdaulich der nächste Song, wieder von diesen schauderhaften weiblichen Vocals in pseudoartifizielle Regionen transportiert, grundgütiger, da streike ich. Skip. „Ossuary“ beinhaltet anscheinend Klänge aus dem Orient, ein endlich mal wirklich guter Übergang zu einer trefflichen Gitarrenakkordfolge gelingt, um wieder in diese eigenwillige Theatermusik überführt zu werden. Die musikalischen Fähigkeiten der Leute stehen außer Zweifel. Allein einen Song können oder wollen sie nicht schreiben. „Ossuary“ bietet übrigens auch mal Metal, gepresste Grunts, Core-Anleihen, dann wieder das totale Experiment.

Die nächsten fünf Songs beginnen alle mit „The“. Sie sind genauso strange wie der Rest. Es gibt noch zuhauf Jazz-Parts, atonale Soli, extrem hohe Stimmen etc. Bestimmt gibt es Leute, denen sowas zusagt; vielleicht ist das auch die Zukunft und ich erkenne sie nicht? Es muss nicht immer Viervierteltakt sein, dennoch, ein wenig Struktur finde ich durchaus angemessen. Die Tracks sind zu lang, unaufregend und die Vocals enervieren von Anfang an. Wenn ich in den Zirkus gehe, lenken mich die Gorillas glücklicherweise von der Musik der Kapelle ab. Zirkusmusik jedoch ohne Artisten über mehr als sechzig Minuten auf heimischer Anlage, bei meiner Axt, das haut nicht hin, sorry.

01.07.2007
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