Slave to Misery - Masters And Slaves

Review

Die meisten haben die Diebe unter dem eigenen Dach! In den eigenen vier Wänden sitzen sie, diese Beutelschneider; in der Bude, in welcher man schläft, isst und pisst. Dort lauern sie heimtückisch und gierig, auf dass man ihnen in ihre ebenso hinterlistig wie gleichermaßen geschickt ausgelegte Falle tappt. Sie trachten nicht nach schnödem Mammon oder gar weltlichen Gütern, weit gefehlt! Sie rauben Zeit! Kostbare Zeit, die für andere, zumeist wichtigere Dinge sinnvoller hätte aufgewendet werden können.
Der Fernseher ist einer dieser vermaledeiten Chrono-Langfinger; gar schlimmer ist der PC geraten, der sich mit noch mehr Verquickungen zum wahren Tagedieb gemausert hat und einem Stunden-Staubsauger gleich die kostbare Zeit in nie gekanntem Ausmaß inhaliert. Ab und an ist aber auch die heimische Stereoanlage einer dieser Hora-Verbrecher. Und zwar immer dann, wenn sie zunächst öde Platten zum Fressen bekommen hat. Zum Ausgleich zieht sie dem Hörer Zeit aus der Tasche, die für erklecklichere Platten unwiederbringlich fehlt.

Nun stellt sich also unweigerlich die Frage, ob “Masters And Slaves“ auch so ein unnachgiebiger Zeitfresser ist. Klare Antwort: Gibt’s später! In der Veröffentlichungsflut (Ha! Wenn dies nicht die größte Untertreibung ist! Nennen wir es Veröffentlichungssintflut!) geht die Scheibe nun tatsächlich nicht unter. Nein, sie schwimmt eindeutig. Aber sie treibt ein wenig…ab! Erwartet man unter dem Namen SLAVE TO MISERY in Verbindung mit dem Cover vielleicht hartes Geballer à la DYING FETUS, so sieht man sich nach dem Verhall der ersten Töne deutlich getäuscht. Sicher, es wird gerifft, aber der Vierer mag es lieber ruhig und spielt gemäßigten Metal, der nun dem AOR-Rock wesentlich näher steht als den rüden Thrash-Klängen, welche ihm Kollege Joneleth in der “Technical Paradise“-Rezension noch bescheinigte.
Man ist stets auf recht nachhaltige Refrains bedacht, lässt handwerklich nichts anbrennen und hat mit dem fetzig bis druckvollen “Far Away“ sogar überaus prächtiges Material am Start. Doch der Wermut ist bisweilen schlimmer als der Werwolf, vor allem immer dann, wenn es erstgenannten in Tropfen gibt. SLAVE TO MISERY gelingen fast durchweg gute Intros, die Lust auf mehr machen (so auf dem Titeltrack geschehen), doch immer wenn man auf eine dieser formidablen Einleitungen ein ebenso nettes Killerriff als zwingende Folge erwartet oder gar, dass die Band mal einfach die Sau rauslässt und so richtig abrockt, geht’s nur mit angezogener Handbremse los – und leider wird auch geraume Zeit so weiter gefahren. Wem das schon mal passiert ist, weiß: es stinkt!
Ein weiters Manko ist manchmal die Monotonie, die sich in die Sangesleistung des Fronters einschleicht, dessen markant heiseres Organ prinzipiell aber fein zur erdig-ehrlichen Mucke passt. Zudem erweisen sich auch einige der Songs als zu gleichförmig. Richtig gut hingegen sind die Jungs aus Porta Westfalica immer dann, wenn es etwas flotter zugeht, man sich eher auf melodiösen Thrash – oder sagen wir Riffs dieses Genres besinnt und zurückhaltend, aber gediegen schreddert (wie etwa auf dem Opener “Hollow Peace“).

Alles in allem liefert die Kapelle Ordentliches für Hörer unterschiedlichster Sparten ab, welche sich auf den kleinsten gemeinsamen Nenner “Rock/Metal“ bringen lassen. Den Vorwurf, ein hintertriebener Stundendieb zu sein, muss sie sich keinesfalls gefallen lassen, doch bevor sich die Zeit-Investition einer Albumlänge dermaßen rentiert, dass man alle Minutenklauerei durch PC und Co. vergessen kann, ist noch ein gerüttelt Maß an Weg hinter sich zu bringen. Aufgrund der guten Anlagen, welche “Master And Slaves“ zweifelsfrei offenbart, ist jedoch davon auszugehen, dass dieser Weg auch in seiner Gänze zurückgelegt wird.

Danke, eure zwei Minuten fürs Lesen hat sich der PC übrigens schon wieder in die Tasche gesteckt! Erwischt!

01.12.2009

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