Six Feet Under - Unborn

Review

Ähnlich wie beim Vorgänger- bzw. Schwesteralbum „Undead“ hatte ich allein durch den Titel des Albums einen richtigen Hammer erwartet, der im Hause SIX FEET UNDER zum einen schon lange auf sich warten lässt und zum anderen aus meiner Sicht mittlerweile nicht mehr nur nötig, sondern regelrecht unumgänglich wird. Aber der kompromisslose Fan wird „seine“ Band ohnehin auch weiter lieben, egal ob Mist oder Gold rum kommt. Jeder mag das anders sehen, aber nach meinem Empfinden verschwand die Truppe um Frontrülpser Chris Barnes nach „Warpath“ von Album zu Album immer mehr in musikalischer Belanglosigkeit. Allein einzelne Tracks konnten mich noch ansatzweise überzeugen; tatsächliche Begeisterung jedoch ausgeschlossen. Der Großteil der veröffentlichten Musik entlockte mir nicht einmal mehr ein Gähnen und zwang mich regelmäßig dazu, schnellstmöglich die Stop-Taste zu betätigen, um weiterer Gehörfolter zu entgehen.

Die Band schickt nun also mit „Unborn“ ihr neues Scheibchen in die Runde und will zeigen, was noch alles in ihnen steckt. Nun, der Titel suggeriert wieder kurz und knackig Musik, welche die Stärken der Band hervorzuheben vermag und bestenfalls mit vielen tollen Grooves, geilen Riffs und haufenweise Mitbrüllparts das Mäulchen zum Grinsen bringt. Die Wurzeln von SIX FEET UNDER, das, was die Band einst auszeichnete, bevor sie anfing, mit „Maximum Violence“ bis „Brinder Of Blood“ zu schwächeln und dann meiner Meinung nach von „13“ bis „Death Rituals“ in der Hoffnungslosigkeit versank.
Falsch getippt!

Nach der fast kompletten Runderneuerung der Bandmitglieder (neben Grunzzottel Chris Barnes ist nur noch Klampfer Steve Swanson, der seit „Maximun Violence“ in der Band ist, am Start) und der Aufnahme von Schlagwerker Kevin Talley, Bassist Jeff Hughell (bei „Unborn“ noch nicht dabei) und Gitarrist Ola Englund, der „Unborn“-Gitarrist Rob Arnold ersetzt, haben SIX FEET UNDER einen wichtigen Schritt vollzogen. Neue Musiker bringen neue Impulse. Ihre Musik klingt ein wenig frischer, griffiger und eben erneuert, selbst wenn die Worte „geil“, „fett“ und „einmalig“ nach wie vor nicht angebracht sind und es vermutlich auch nicht werden. Vielleicht liegt es auch daran, dass Chris Barnes den meisten Kram alleine schreibt und er einfach nicht das goldene Händchen als Musiker besitzt, welches er gerne hätte. Erinnern wir uns an die Alben, die die Fans am meisten begeisterten, dann kommen da noch Ex-OBITUARY-Gitarrist Allen West und Bassist Terry Butler (unter anderem DEATH, MASSACRE) ins Spiel, die sicherlich ihren Teil beigetragen haben, damit es funktionierte. Aber hätte, wenn und aber… lassen wir das.

„Unborn“ ist rein musikalisch also der kranke Bruder von „Undead“. Ich würde sagen, dass die Scheiben ein getrenntes Doppelalbum sind. Beide klingen wie aus einem Guss und unterscheiden sich musikalisch überhaupt nicht voneinander. Wieder gibt es schwere Beats („Fragment“, „The Sinister Craving“, „Inferno“), fast in jedem Song und somit auch haufenweise Midtempo („Zombie Blood Curse“, „Incision“) und ab und an einen Blastbeat („Decapitate“, „Alive To Kill You“), der wie schon auf dem Vorgänger eine kleine Brücke zu CANNIBAL CORPSE herstellt, selbst wenn die Blast-Spieltechnik eine andere ist. Es gibt ein paar gute Melodien (der Opener „Neuro Osmosis“ überrascht mit feinen Gitarrenspielchen) und nette Gesangsparts, die halt das typische Barnes-Gebelle sind, ohne tolle Ideen, aber auch mit soviel positiver Routine und Gewohnheit versehen, dass man ihn einfach mögen kann.

Wir sprechen also von einem der besseren Alben von SIX FEET UNDER. Der Titel „Unborn“ passt schlussendlich auch insofern, als dass man hier nicht von einer Neugeburt sprechen kann, sondern bestenfalls vom Aufbäumen vor der Geburt (eines Topalbums). Somit ist das, was aus der Band (hoffentlich) eines Tages noch hervorgekrochen kommt, eben noch ungeboren und schlummert da irgendwo noch in den Eingeweiden von Grunz-Barnes…

10.03.2013
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