Hinter einem Vorhang aus langen Haaren sind wir Metaler doch eigentlich alle Softies, die ihre Gefühlsprobleme mit Machogehabe überspielen. Oder?
Naja, diese Beschreibung ist wohl doch eher ein Schnellschuss der Kategorie Hyperblast. Aber ein bisschen was ist schon dran: Metal und Emotionalität war immer ein schwieriges Thema. Doch es gibt eine Alternative zum (mittlerweile) nervigen Emo-Gejaule.
SIX DEGREES OF SEPARATION haben mit „Of Us“ ein sehr persönliches und emotionales Album eingespielt. Sie gehen mit ihren Gefühlen um wie eine Doom Metal-Band. Stark, nicht weinerlich, stellen sie sich der inneren Dunkelheit und verwandeln sie in eine Form von Metal, die mit Genre-Schubladen umgeht wie die Frauen in Salvator Dalis Bild „Die brennende Giraffe“.
Schubladen sind ein Teil, aber nicht das Ganze. Rock, Melodic Death Metal, Thrash Metal und dieser verdammt ehrliche Gefühlsausdruck ergeben eine unverkennbare musikalische Identität.
Die Songs sind fast alle einer bestimmen Person gewidmet, mit Titeln wie „For Hannah“, „For Fridrich“ oder „For Me“. Es geht um zwischenmenschliche Beziehungen, um die Fehler und Schwächen jedes Einzelnen und um den Mut weiter zu machen, auch wenn nie alles Friede-Freude-Eierkuchen sein wird. Bei lyrischen Perlen wie „Carved into time stay all our acts / like flies in the diamant“ verzeiht man gerne, wenn die englische Grammatik an anderer Stelle mal ein bisschen holpert. Das fällt sowieso nur im Booklet auf.
Musikalisch geben sich SIX DEGREES OF SEPARATION detailreich und vielfältig. Sie schütten eine Fülle von Klangfarben aus und brauen daraus ihre eigene dunkel-bunte Mischung. Auch wenn jeder Song aus zig Teilen besteht, irgendwann kommt der einprägsame Refrain und das Ohr kann sich einhaken. Langzeitwirkung entfalten die Songs „For Me“, „Guilt Is A Vector Of Time“ und „For John“. Ein paar nicht so spannende Passagen haben sich leider auch eingeschlichen, und die Gesangsmelodien ähneln sich ab und zu.
Alles in allem ist „Of Us“ aber ein angenehm anderes Album. SIX DEGREES OF SEPARATION machen auch auf ihrer vierten Platte wieder Metal, der sich jeder weiteren Kategorisierung verweigert. Sie legen einen selbstbewussten Seelenstriptease hin, der nie vor Tränen trieft.
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