Unter "Blast From The Past" erscheinen jeden Mittwoch Reviews zu Alben, die wir bislang nicht ausreichend gewürdigt haben. Hier gibt es alle bisher erschienenen Blast-From-The-Past-Reviews.
Als die holländischen Death-Metaller SINISTER Anfang 1992 ihr Debütalbum “Cross The Styx” veröffentlichten, hatten sie bereits eine kurze, aber intensive Undergroundkarriere hingelegt. Demos, eine Single, Splits und eine EP wurden in schneller Abfolge abgeschossen, bevor sie vom aufstrebenden Label Nuclear Blast unter die Fittiche genommen und zu Alex Krull (ATROCITY, LEAVES’ EYES) ins Studio gesteckt wurden.
Am Anfang stand eine kurze, aber intensive Undergroundkarriere
Dabei kam dem Quartett aus Schiedam die vorangegangene Zeit im Underground zugute: Letztlich landeten sämtliche Demosongs auch auf “Cross The Styx” … ein Umstand, der nicht nur positiv gesehen wurde, denn einige Kritiker wollten eben schon im Demostadium eine Entwicklung nachvollziehen. Und so dürfte sich der eine oder andere bestätigt gefühlt haben, dass SINISTER nicht in die erste Reihe der damals angesagten Death-Metal-Bands katapultiert wurden.
Dabei ist “Cross The Styx” auch aus heutiger Sicht noch ein absolut beeindruckendes Werk: Beeindruckend vor allem deswegen, dass es ausschließlich von Riffs und maximal ein paar Gitarrenharmonien getragen wird, aber keine einzige Melodie beinhaltet. Oder doch: Das epische Gitarrenintro in “Spiritual Immolation” wollen wir nicht unterschlagen. Und dann hat Alex Krull dem Album ein Keyboard-Intro und -Outro spendiert, eine Art heroischer Gladiatoreneinmarsch. Der eigentliche Opener “Perennial Mourning” rückt aber diesen ersten Eindruck zurecht und wechselt zwischen aggressiven Riffs und Blastbeats und groovenden Passagen.
„Cross The Styx“ beeindruckt
Musikalisch sind SINISTER eher am amerikanischen Death Metal orientiert und spielen technischer und vertrackter als beispielsweise ihre schwedischen Kollegen. Und sie produzieren einen Überfluss an Riffs, der eigentlich nur zustandekommt, wenn man es – wie auf einem Debüt – allen zeigen möchte. “Doomed” ist so ein Fall, wo an jeder Ecke ein neues Riff lauert oder variiert wird, bevor der Song erst so richtig beginnt.
Der Titeltrack ist jedoch das Meisterstück: Ein Füllhorn an Gitarrenriffs, die sich ergänzen, variieren, gegeneinander laufen, anschieben oder gegenseitig überholen und die Querung des Flusses der Unterwelt angemessen vertonen. Dazu trägt auch Drummer Aad Kloosterwaard bei (heute übrigens das einzig verbliebene Originalmitglied und nach zahlreichen Musikerrochaden am Mikro gelandet), der immer äußerst präzise die Tempowechsel einleitet. Und Mike van Mastrigt erledigt seinen Job am Mikrofon souverän wie kein Zweiter.
Jedes der Stücke hat seinen ganz eigenen Charakter und wirkt in sich durchdacht. Dazu trägt nicht unerheblich bei, dass sich die beiden Gitarristen Ron van de Polder und Andre Tolhuizen offensichtlich sehr viel Zeit für die Gitarrenarrangements gelassen haben. Beide spielen häufig leichte Varianten der Riffs, was im Stereomix und auf Kopfhörer richtig schön zur Geltung kommt. Wie übrigens auch der fette und brutale Sound, der die oben beschriebene Kompromisslosigkeit der Kompositionen unterstreicht – “Cross The Styx” ist eben ein komprimiertes Riffmassaker ohne großartige Verschnaufspausen.
SINISTER ziehen ihr Ding durch
Trotzdem oder gerade deshalb hat es für den Durchbruch auf breiter Ebene nie gereicht – obwohl zum nächsten Album “Diabolical Summoning” sogar ein Video („Leviathan“) gedreht wurde, das recht häufig im Musikfernsehen zu sehen war. Für Fans steht aber viel eher auf der Habenseite, dass SINISTER immer ihr Ding durchgezogen haben, obwohl fast auf jedem Album die Besetzung wechselte und bei weitem nicht alle Alben die Qualität erreichten wie die Frühwerke “Diabolical Summoning”, “Hate” und eben “Cross The Styx”.
Cross the Styx war damals eine Offenbarung für mich! In meinem Wahrnehmungskreis auch eine der ersten Bands, die Blastbeats richtig cool und wuchtig eingesetzt haben.
Doomed hat es bis heute in meine Nostalgie-DM-Playlist geschafft. „Mike, …“