Silverstein - I Am Alive In Everything I Touch

Review

Galerie mit 25 Bildern: Silverstein - Vainstream Rockfest in Münster

Ich muss ja zugeben, dass ich – nachdem ich „I Am Alive In Everything I Touch“ vergleichsweise unbedarft angehört hatte – doch ziemlich überrascht war, dass SILVERSTEIN offenbar schon ziemlich alte Hasen im Posthardcore- / Metalcore- / Punk-Geschäft sind. So erscheint vorliegender Zwölftracker im fünfzehnten Jahr des kanadischen Fünfers – und natürlich müsste ich mich eigentlich fragen, wie es sein kann, dass SILVERSTEIN mir trotz des schönen Begriffes „Post-Hardcore“ in der Genre-Beschreibung bisher unbekannt sind. Müsste – denn da ich „I Am Alive In Everything I Touch“ zu diesem Zeitpunkt bereits gehört hatte, lag die Antwort auf der Hand: Das bisschen Post-Hardcore – ich würde sowieso eher dazu tendieren, von klassischem Metalcore mit Emo- / Screamo-Vocals zu sprechen – ist eigentlich nicht der Rede Wert…

…und doch ist es der Rede Wert! Während Kollege Eschenbach aus dem Hause SILVERSTEIN eher die eingängigen und melodischen Facetten zu schätzen weiß, kann ich mich am ehesten für die Breakdowns und die Screams begeistern. Diese Vorliebe bringt nun zwei Haken mit sich: Erstens sind die am Metalcore orientierten Abschnitte deutlich in der Unterzahl und zweitens heißt „am ehesten“ nicht viel.

Fangen wir beim ersten Haken an: Die deutliche Mehrheit der gut 40 Minuten besteht aus klebrigem (Fun) Punk mit Harmonien von der Stange (ich wage es nicht einmal, von „Riffs“ zu sprechen, da gerade dieser Aspekt des SILVERSTEINschen Stils ausnahmslos mit Powerchords bestritten wird) und generischem zweistimmigen Gesang. Das beherrschen SILVERSTEIN ohne Zweifel recht souverän – sind damit aber bei Weitem die einzige Band und damit recht austauschbar.

Der zweite Haken: Die Teile des Albums, die meine Aufmerksamkeit erregen, sind vom Mittelmaß auch nicht weiter entfernt als das melodische Einerlei drumherum – nur, dass ich dort zunächst etwas genauer hinhöre. Zusätzlich muss ich im Verlauf des Albums feststellen, dass der vermeintliche Reiz, der aus dem Aufeinandertreffen von melodischem Punkrock und „hässlichem“ Metalcore entstehen mag, allein dadurch an Durchschlagskraft verliert, dass besagter Kontrast zu inhomogen klingt – SILVERSTEIN gelingt es viel zu häufig nicht, ihre Stilelemente integer ineinander greifen zu lassen, sondern setzen dem Hörer beide Aspekte ihrer musikalischen Welt wie getrennte Gänge vor. Das ist sehr schade, denn Potential hätte dieser Kontrast zweifellos.

So gibt „I Am Alive In Everything I Touch“ nicht viel mehr als Viel-zu-oft-Gehörtes zweier Welten her, ohne dass eine erfolgreiche Verquickung beider Welten gelingen könnte. Überraschend stark sind jedoch „Late On 6th“ und das abschließende „Toronto (Unabridged)“, in denen SILVERSTEIN mal balladesk unterwegs sind.

Ohne Zweifel werden SILVERSTEIN auch mit diesem Album ihre Fans begeistern können – und sicherlich auch noch den einen oder anderen Hörer dazugewinnen können. In meinen Ohren klingt „I Am Alive In Everything I Touch“ jedoch irgendwie nicht zu Ende gedacht, unausgegoren, halbherzig – und gerade das finde ich bei fünfzehn Jahren Bandgeschichte irgendwie schade…

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06.06.2015

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