SILVERSTEIN wollen mit uns ertrinken
“A Beautiful Place To Drown” – ein schöner Ort, um zu ertrinken. Ein Album mit einem derartigen Titel schreit nach Emotionalität und verzweifelten Screams im Emo- oder Hardcore-Mantel. SILVERSTEIN gelten diesbezüglich als feste Größe. Dabei spielen die Kanadier seit jeher mit reichlich Pop- und Indie-Avancen und scheuen auch auf ihrem neusten Werk nicht davor, derlei Stilelemente mit in den Topf zu werfen.
Wenn Radio-Pop vom eigentlichen Geschehen ablenkt
In den schwächsten Momenten erinnert “A Beautiful Place To Drown” an gut gemachten Radio-Pop-Rock. Wenn süßliche Melodien auf die makellose Produktion treffen, kann beispielsweise in “Say Yes!“ diese Assoziation kaum vermieden werden. Das melancholische “All On Me“ driftet aufgrund des merkwürdigen Saxophon-Intermezzos sogar unerfreulicherweise zu stark in Pop-Gefilde ab, wobei die Grundstimmung Potential für ein Albumhighlight gehabt hätte. Wenn von dieser Art Mittelmaß einmal abgesehen wird, liefern SILVERSTEIN starke, kantige Nummern, welche die geneigte Hörerschaft die aktuell fehlenden Konzerte schmerzlich vermissen lassen. Bestes Beispiel: “Madness“ fetzt gut los, der Rap-Part von PRINCESS NOKIA passt dabei hervorragend zum härteren Gesamtsound.
SILVERSTEIN verstehen ihr Handwerk!
Das wahre Albumhighlight präsentieren SILVERSTEIN jedoch in Form von “Infinite“. Hier stimmt einfach alles: kraftvolle Screams, eine perfekte Ballance aus eingängiger Melodie und harten Gitarren und einem Shane Told in gesanglicher Bestform. Ob nun das gelegentlich freundlich djentende “Where Are You“, das kantige “Coming Down“ oder die Up-Tempo-Nummer “September 14th“ – SILVERSTEIN verstehen ihr Handwerk und werden auf “A Beautiful Place To Drown” nie langweilig. Die Lyrics sind durchgängig recht simpel gehalten, überzeugen aber vielleicht gerade dadurch mit der zugrundeliegenden Sehnsucht, Verzweiflung oder gar Hoffnung. Fans von emotionalen Momenten bekommen hier definitiv die volle Breitseite.
Das einzige Fragezeichen, das nach dem Hören bleibt, ist die hohe Dichte an Gästen. Ob nun SIMPLE PLAN in “Take What You Give“ oder BEARTOOTHs Caleb Shomo in “Burn It Down” wirklich nötig sind, um den jeweiligen Song zu veredeln ist fraglich, schließlich findet weder eine wirkliche Aufwertung statt, noch wird den Liedern dadurch ein individueller Charme verliehen. Das schaffen SILVERSTEIN auch ganz allein und präsentieren ihren Fans somit ein Album, das möglicherweise eine Spur poppiger ausgefallen ist, als gewohnt, aber dennoch mit emotionalen Texten, kraftvollen Gitarren und druckvollem Sound punktet.
Ich höre seit ca. 20 Jahren Grindcore.
Wo ist der Grind auf diesem Album? Verklickt? Habe ich Genre nicht verstanden?