Silentium - Seducia

Review

SILENTIUM kommen aus Finnland und spielen Gothic Metal mit überwiegend weiblicher Gesangsstimme. Obwohl das natürlich sofort Erinnerungen an die berühmten Landsleute von Nightwish wachruft, deren brillianter Bandkopf Tuomas Holopainen auch das Vorgängeralbum „Sufferion – Hamartia Of Prudence“ produzierte, greift dieser Vergleich bei SILENTIUM deutlich zu kurz. Ohrenfälligste Unterschiede sind der dunkel-melancholische Gesang von Neu-Sängerin Riina Rinkinen, sowie die starke Betonung der fest in den Bandsound integrierten Streicher-Klänge. Griff man dabei in der Vergangenheit noch auf Jani Laaksonen und dessen Violine zurück, so hat man nach dessen Weggang auf den tieferen und volleren Klang eines Cellos umgestellt, das von Elias Kahila bedient wird. Ob dieser nun das Zeug dazu hätte, um mit den Landsleuten APOCALYPTICA auf der Bühne zu stehen, sei einmal dahin gestellt. Im Kontext der acht emotionalen Kompositionen erfüllt er seine Rolle jedenfalls hervorragend und lässt die nun fehlenden Geigenklänge in keinster Weise vermissen.
„Seducia“ ist ein rundum gelungenes Album voll düsterer Romantik und emotionaler Höhepunkte. Bereits der Opener „Hangman’s Lullaby“ geht mit einer eingängigen Refrain-Melodie und unterschwelliger Düsternis sofort ins Ohr und unter die Haut. Im darauffolgenden „Serpentized“ übernimmt Bassist Matti Aikio mit seinem aggressiven Gesang die Lead-Stimme. In erster Linie sind es jedoch die eindringlich klagenden Cello-Klänge, die dieses Stück zu einem der absoluten Highlights des Albums machen. Wer an dieser Stelle noch nicht endgültig von dieser Musik gefangengenommen ist, der ist entweder hoffnungslos unromantisch oder wird bei der bombastischen und doch zerbrechlichen Halbballade „Dead Silent“ umso heftiger in Tränen ausbrechen. Zumindest eine kleine Gänsehaut jagt mir der stimmungsvolle Wechsel zwischen weiblichen und männlichen Gesangsparts auch nach mehreren Hördurchgängen immernoch ein. Ein gigantisches Stück und dabei völlig kitschfrei.
Die ruhige Piano-/Streicher-Ballade „Unbroken“ wirkt da fast wie eine Verschnaufpause, ist jedoch mit ihrer betont minimalistischen Instrumentierung vielleicht einen Tick zu lang geraten. Hier zeigen sich SILENTIUM jedoch in textlicher Hinsicht von ihrer absoluten Schokoladenseite, so dass jede Kürzung die lyrische Gesamtharmonie des Stückes komplett zerstört hätte. Immerhin geht es im Anschluss mit „Frostnight“ wieder etwas flotter zur Sache. Gleichermaßen verträumt und verspielt hat man hier eine ideale Single-Auskopplung geschrieben, die in unseren Breitengraden jedoch völlig unverdient im Mainstream-Schrott untergehen dürfte. Mit „Children Of Chaos“ hat man dann auch tatsächlich einen etwas schwächeren Song auf das Album gepackt. Hier wirkt die Extraportion Härte zur Aufrechterhaltung der düsteren Atmosphäre eher störend als hilfreich. Die äußerst morbide Stimmung verleiht dem Stück dennoch eine individuelle Note, die man bei vielen anderen Bands im Gothic-Bereich vergeblich sucht. Mit „Empress Of The Dark“ strebt das Album seinem Ende zu. Dabei werden die Songstrukturen zunehmend komplexer und undurchschaubarer, die Stimmung bleibt morbide und auch an Härte wird nicht gespart. Der krönende Abschluss kommt mit dem Titeltrack „Seducia“, das mit einem kurzen Percussion-Intro recht harmlos beginnt, sich dann jedoch immer weiter steigert. Aggressivität bestimmt längst nicht mehr nur die Musik, auch die Texte schlagen hier einen schärferen Ton an und gipfeln schließlich im manisch herausgebrüllten „we’ll make you twist and turn / we’ll make you bleed and burn“. Mit orchestralem Bombast und gigantischen Melodiebögen endet so dieses faszinierende Album, auf das sich jeder, der sich nicht für seine romantische Ader schämt, unbedingt einlassen sollte.

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29.06.2006

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1 Kommentar zu Silentium - Seducia

  1. horowitz sagt:

    9 Punkte, Oh je. Das Cover verspricht es schon, 08/15 Gothic-Kost mit Frauengejammer. Ganz so schlimm ist es allerdings nicht geworden. Es klingt sogar sehr gut ertragbar, besonders der weibliche Gesang nervt nicht mit überhöhten Gesangslinien, nur um zu zeigen, wie ach so toll man Emotionen vermitteln kann, in dem Man seine Kehle bis zum Erbrechen stimmuliert. Im Subtilen liegt die Kraft und so ist das hier eine willkomene Abwechslung zu anderen Femal-Gothic Exkursionen. Insgesamt bietet die Musik aber zu wenig Spannung, zu wenig Neues und vor allem zu wenig großartige Melodien, als das sie einen bereits satt gehörten Gothic-Metal Hörer nicht langweilen könnte. Wer solcher Musik allerdings immer noch überdrüssig geworden ist, kann hier ruhig mal ein Ohr riskieren. Mehr als ein nüchterner Tipp ist hier allerdings Fehl am Platz. 9 Punkte gibt es für Jahrhundertalben, verehrter Kritiker! Aber die Wertungsbalanze ist durch die neuen Rezensenten sowieso völlig durcheinander geraten. Wird Zeit das da mal Jemand eingreift und klar definiert, welche Leistung welche Wertung verdient, sonst mutiert das zum absoluten Witz!

    6/10