Sigh - Hangmans Hymn

Review

Black Metal aus Japan? Da bin ich nun sehr skeptisch. Ist das nicht die Musik der nördlichen Weiten? Und sind die nicht mehr als eine Drachenbootlänge von den Samurai entfernt? Gut, meine Geografiekenntnisse waren noch nie erbaulich. SIGH, eine Band aus Japan, deren Anfänge bis Anfang der Neunziger zurückreichen, bescheren uns soeben mit „Hangman’s Hymn“ ihr neuestes Werk. „Introitus/Kyrie“ führt uns schon mal vor Augen und Ohren, wie sich SIGH Black Metal vorstellen: orchestral, verspielt, mit viel Key-Pomp, Klassik, Donner, Regen. „Inked In Blood“ macht dort weiter, ein wenig DIMMU OF FILTH und vor allem ANOREXIA NERVOSA fallen mir da ein.
Rauf und runter gehts mit dem Orgelfahrstuhl, hastig, hektisch, hyperventilierend. Das wird durchaus anstrengend, bei aller vorhandenen Virtuosität. Die Drums sind mir auch zu holprig, sie überholen sich manchmal selbst. „Me-Devil“ ist kaum von dem Material vorher zu unterscheiden. Die Soli flitzen nur so, allein an Struktur mangelt es und an echter Dramaturgie: denn immer rasen kann niemand, weder der Vampir noch sein Opfer. Da sind CRADLE weitaus einfallsreicher, was den Spannungsaufbau der Tracks betrifft.

Klassische Chöre, die CARL ORFF entnommen sein könnten, finden wir in „Dies Irae/The Master Malice“, ansonsten ein wirrer, eigenwillig unentschieden komponierter Song. Soli gibts dann in „The Memories As A Sinner“, ansonsten auch ziemlich zerhackt, das Teil. „Death With Dishonour“ zeigt endgültig, dass der Sänger unbedingt wie Dani Filth klingen will, dazu gibts BAL SAGOTH-Getröte bestehend aus Plastikfanfaren. Jeder CRADLE-Song ist besser, wirklich jeder. Nun lauschen wir traditionellen Klänge in „In Devil’s Arms“, schräge Soli werden aufgeboten, und dann wieder diese ANOREXIA trifft CRADLE-Mixtur. Hängen bleibt wenig, weil die Melodien nicht songdienlich eingesetzt werden, denn alle müssen immer hektisch gegeneinanderspielen; durcheinander könnte man auch sagen, ohne dass die Band Einwände erheben würde. So geht das auch über die letzten drei Tracks. Manche Passagen sind einfach zu überdreht und dabei viel zu kitschig. Wie sagte Bandleader Mirai Kawashima: „Thrash metal meets German symphonies. Fast, heavy, bombastic and majestic!“ Dazu bedarf es wahrlich keiner weiteren Erläuterungen. Ich weiß nicht, das gebotene Schema ist seit „Cruelty And The Beast“ ausgelutscht. Und das ist doch schon lange her, oder? Was soll einen jetzt an dieser Veröffentlichung fesseln? Vielleicht sind es die spektakulär in Szene gesetzten Liveauftritte, die manch einen in Begeisterungsstürme versetzen. Überhaupt, es geht wahrscheinlich auch in diesem Falle mehr um die Präsentation, das Image, die Verkaufbarkeit der Band, weniger um die Musik als solche, ähnlich CHTHONIC aus Taiwan. Mir sagen die LEGENDANER, GRIEF OF EMERALD, DIMMU BORGIR, GRIEVANCE oder andere Nordmänner aus den Endneunzigern da weit mehr zu, was das Genre betrifft. Auch CRADLE OF FILTH übrigens.

03.07.2007
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