Siddharta - VI

Review

Schon mit der Entstehungsweise ihres jüngsten Albums vereinen SIDDHARTA die Massenkompatibilität des Pop-Business mit den experimentellen Seiten der alternativen Rock-Szene. So wurden für „VI“ in Los Angeles gemeinsam mit Produzent Ross Robinson Songs geschrieben und Demo-Aufnahmen erstellt, die man dann über die Radiosender ihrer slowenischen Heimat bei den Fans bekannt machte, nur um die eigentlichen Aufnahmen dann im Stadion Stožice in Ljubljana live vor dem versammelten Publikum einzutüten.

Zugegeben, soundtechnisch merkt man den Songs ihren live-Charakter nicht mehr unbedingt an und es dürften auch reichlich Overdubs Verwendung gefunden haben. Dennoch zeigt sich das live-optimierte Grundgerüst im Spirit der Songs überdeutlich. Wo Prog-Rock sonst häufig unter einer allzu verkopften Vorgehensweise leidet, regiert hier die Leidenschaft und ungezähmte Energie einer tight zusammenspielenden Live-Formation. Dass da der ein oder andere Ton nicht ganz hundertprozentig sitzt, tut dem Ganzen keinen Abbruch.

Wie man es von der Band gewohnt ist, existiert auch „VI“ in doppelter Ausfertigung: Dem slowenischen Original (bereits im letzten Jahr erschienen) folgt nun die internationale Veröffentlichung in englischer Sprache. Natürlich entstammt der veränderte Gesang von Tomi Meglic nicht der Original-Session aus dem Stadion Stožice, sondern wurde im Studio neu aufgenommen und nachträglich hinzugefügt. Dennoch fügt er sich harmonisch in die Aufnahmen ein, so dass das Gesamtbild stimmig bleibt. Ein kleiner Rest des Original-Gesangs bleibt jedoch mit dem abgedrehten „Bonsai“, das damit einen Vergleich zum ursprünglichen Spirit der Aufnahmen erlaubt.

Doch nicht nur der Gesang lässt „Bonsai“ aus der Reihe tanzen, auch und vor allem die geradezu psychotisch anmutende Strukturierung des Songs macht ihn zu einem unkonventionellen Highlight, das im besten Sinne an SYSTEM OF A DOWN erinnert. Dieses phänomenale Niveau erreichen sonst leider nur noch der bereits von der gratis im Internet vertriebenen Best-Of-Kopplung „Songs“ bekannte Kracher „The Whitest Swan“, der explosive Opener „Stand Up For Me Now“ und – mit leichten Abstrichen – das angenehm relaxte „Hollywood“. Die übrigen Stücke sind – wenngleich sauber komponiert und technisch einwandfrei präsentiert – leider nur gehobener Durchschnitt. Macht aber nix, denn unter dem Strich macht die Platte als Gesamtwerk einfach Spaß und dürfte mit seinem charmanten Pop-Appeal zwischen Alternative- und Prog-Rock eine breite Fangemeinde finden können.

11.11.2012
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