Sibiir - Undergang

Review

Galerie mit 12 Bildern: Sibiir - Rockharz 2022

Sind wir mal ehrlich, der Bereich des crustigen Post-Black-Metal ist in den letzten Jahren nicht gerade ein Innovationsmotor gewesen. Der große Hype ist längst vorbei, einige Bands sind geblieben, haben sich ihre eigenen Nischen gesucht, erschaffen dort nach wie vor hochinteressantes, wie zuletzt beispielsweise PHANTOM WINTER oder DOWNFALL OF GAIA. Von neuen, spannenden Bands hört man eher selten. SIBIIR aus Oslo ist aber eine dieser wenigen Bands, die spätestens mit ihrem Zweitwerk „Ropes“ für mehr als hochgezogene Augenbrauen gesorgt hat. Auf ihrem dritten Album „Undergang“ könnte sich endgültig entscheiden, wohin es für die Norweger künftig geht.

SIBIIR – Bauen ihre Nische aus

Nun, in erster Linie bauen sie ihre eigene Nische aus, emanzipieren sich damit von den großen KVELERTAK, mit denen SIBIIR nicht nur bereits mehrfach auf der Bühne standen, sondern eben auch schon oft verglichen wurden. Nein, SIBIIR klingen heute ganz anders, unterscheiden sich auch maßgeblich von den beiden anderen, eingangs genannten Kapellen. Trotz aller modernen Einflüsse und dem heiseren Hardcore-Shouting von Jimmy Nymoen scheinen sie immer wieder durch: Die Black-Metal-Roots. Irgendwie schwingt sie eben doch mit, die klirrende Kälte und man merkt den Songs die Herkunft der Band an.

Ein weiteres Phänomen auf „Undergang“: Der Sound klingt komplett natürlich und organisch, hat den richtigen Crunch, ist an keiner Stelle aufgeblasen oder überproduziert und dennoch klingt die Platte viel größer als die Summe ihrer Teile. Episch wäre hier das falsche Wort, es ist er eine Art Wall-Of-Sound, die aber eben nicht durch Effekte erreicht wird, sondern vor allem durch das geschickte Zusammenspiel der beiden Gitarristen Steffen Grønneberg und Tobias Gausemel Backe.

Die Songs selbst zeigen sich erstaunlich vielseitig. Trotz der klar auszumachenden Elemente, obwohl auch oft genug drauf los geprescht wird und die Norweger an keiner Stelle in verträumtes Post-Rock-Gedudel abdriften, klingt „Undergang“ erstaunlich melodisch und zugänglich, sicherlich auch hier und da durch punkige Gang-Shouts unterstützt (z.B. „Placid Waters“). Wann immer sich Gleichförmigkeit auszubreiten droht, kontern SIBIIR mit geschickt gesetzten Wendungen, wie dem tonnenschweren Riff im Chorus von „Ruinous“, dass das Strophen-Geballer gekonnt auflockert. Genregrenzen sind ohnehin Schall und Rauch, erlaubt ist was gefällt und doch ist das richtige Gespür dafür, was zu viel des Guten wäre und keinen homogenen Sound mehr ergeben würde, stets präsent.

Verzweifelt, wütend, anstachelnd – „Undergang“

SIBIIR spielen in 40 Minuten alle Trümpfe aus, perfektionieren ihre Mischung aus Hardcore, Black- und Post-Metal, die mitreißender kaum sein könnte. Wollte man etwas kritisieren, wäre es wohl der manchmal recht monotone Gesang, der aber erstens zum Genre gehört und zweitens auch bestens zum gesamten Klang der Gruppe passt, denn dort passiert ohnehin so viel, dass die Aufmerksamkeit des Hörers von der Instrumentalfraktion bereits massiv gefordert wird.

„Undergang“ ist gleichermaßen verzweifelt wie wütend und mitreißend, stachelt zum Widerstand an, obwohl es fast zu spät scheint, aber eben nur fast. SIBIIR beweisen mit ihrem dritten Longplayer nicht weniger, als dass das Genre nach wie vor spannend sein kann und es dafür keiner großen Produktionen bedarf, sondern es einfach nur fünf talentierte Typen mit dem richtigen Händchen für straffes Songwriting braucht. Geil!

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16.06.2024

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2 Kommentare zu Sibiir - Undergang

  1. ultra.silvam sagt:

    Wow. Erstmal wegen dem unglaublich geilen Cover von Danny Larsen, weswegen ich überhaupt auf die Platte aufmerksam wurde, und dann natürlich weil die Mucke auch echt super ist. Kannte die Band vorher nicht. Schön aggressiv, mitreisend, melodisch, emotional. Mit gut 40 Minuten auch nicht langweilig werdend. Wird bestimmt noch öfter laufen das Teil.

    8/10
  2. ClutchNixon sagt:

    Ich, als jemand, der via Hardcore und Crust Punk überhaupt erst den Zugang zu BM gefunden hat, wobei purer Black Metal nie meines wird, finde das Album wirklich gut, toter Hype hin, oder her.

    8/10