Shining - Shining

Review

Fünf Jahre nach „X: Varg Utan Flock“ gibt es endlich Nachschub aus dem Hause SHINING. Das inzwischen elfte Werk von Mastermind Niklas Kvarforth trägt den einfachen Titel „Shining“, der gern als Understatement fungieren darf, denn das neue Album beinhaltet klar die Trademarks der Band, besticht jedoch einmal mehr durch Abwechslung und Vielschichtigkeit.

SHINING – ein düsteres Pulverfass ohne Boden

Seitdem SHINING dem reinen Black-Metal-Szenario mit ihrem fünften Album „Halmstad“ entwachsen sind, spielen sie in einer völlig eigenen Liga, die sich wenig um Konventionen der Szene kümmert und immer für eine Überraschung gut ist. Dass sich keine Platte wie die andere anhört, ist sicherlich auch den mentalen Zuständen zuzuschreiben, in denen sich der Bandkopf beim jeweiligen Songwriting befand.

„Shining“ ist wenig pathetisch und kein bisschen kitschig. Es sammelt die verschiedensten negativen Stimmungen, eint sie in sehr aufwühlenden Kompositionen und präsentiert die innere Zerrissenheit des Künstlers. Die musikalischen Reflexionen sind somit auch hier nicht vorgesteckt und lassen nur erahnen, welches aufgewühlte Innenleben intoniert wird.

Blickt man auf die letzten beiden Alben „IX: Everyone, Everything, Everywhere, Ends“ und „X: Varg Utan Flock“ zurück, fühlt sich „Shining“ weitaus weniger geradlinig und vorhersehbar an. Weil man in den ersten Durchläufen geneigt ist, Details zu überhören, was durch die vielen langsamen Parts schnell passiert, entfalten sich Tiefe und Nachhaltigkeit langsam, aber umso intensiver.

Spiegel innerer Zerrissenheit

Ohne jeden Song bis ins Detail zu analysieren, darf man insgesamt von einem düsteren, stimmungsgeladenen Werk sprechen, das als logische Weiterentwicklung von SHINING sowohl altbewährte Stilelemente als auch artfremde, rudimentäre Parts in sich birgt. Im Vordergrund steht klar die negative Grundstimmung, die sich bei Sichtung der vornehmlich schwedischen Texte rund um den Tod und das Lebensende in aller Ausweglosigkeit noch verstärkt.

Der als erste Single ausgekoppelte Track „Allt För Döden“ ist der typischste SHINING-Song, der trotz einiger Kniffe am meisten an „Halmstad“ erinnert. „Avsändare Okänd“ startet langsam und bietet ungewöhnliche Keyboardklänge und Akustikgitarren, ehe er Fahrt aufnimmt. Mit „Snart Är Dom Alla Borta“ gibt es einen der stärksten Tracks, der sich in seiner Dunkelheit extrem steigert und mit dem klassischen Lead in der Mitte eine immense fragile Hoffnungslosigkeit ausstrahlt. Der Song ist trotz seiner anfänglichen Unscheinbarkeit nicht zu unterschätzen.

Zwei komplett anders geartete Stücke sind „Fidelis Ad Mortem“ und „Åttahundratjugo“. Ersterer überrascht mit chorischen Gesängen, akustischen Gitarren und einem verspielten Lead von Langzeitproduzent Andy LaRocque. Der zweite Song ist ein instrumentales Klavierstück (ein Cover von ERIK SATIE), das Hörerinnen und Hörer dezent einlullt, bevor der abschließende Track „Den Permanenta Sömnen Kallar“ mit reiner Blast-Black-Metal-Monotonie startet, die im Verlauf des Songs abfällt und zum Ende hin eine ungemeine Klimax hinlegt.

„Shining“ – Negativität in all ihren düsteren Facetten

SHINING sind auch anno 2023 alles andere als leichter Konsum. Wer hier klassischen Black Metal im Extremtempobereich erwartet, wird enttäuscht. „Shining“ ist eine vielseitig vertonte emotionale Talfahrt – harter Tobak, der durch seine Vielschichtigkeit und unerwarteten Wendungen aber nachhaltig spannend bleibt.

15.09.2023

- perfection is the end of everything -

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