Nanu? Kein „VIII“ im Titel? [Wer bisher noch nicht auf das Artwork geachtet hat, weiß spätestens jetzt, dass es um die schwedischen SHINING geht.] Sollte die gerade erst erschienene Cover-EP „Lots Of Girls Gonna Get Hurt“ mehr als nur Spielerei gewesen sein? War sie Signal zum Aufbruch in neue Zeiten?
Mein erster Blick auf die Trackliste (sechs Songs) und die Spielzeiten (mit „Det Stora Grå“ ist ein deutlich kürzeres Stück dabei) lässt in mir die Befürchtung aufkommen, dass „Redefining Darkness“ ein weiteres Reißbrett-Album der Kvarforthschen Selbsthilfegruppe sein könnte. Und ich soll Recht behalten…
Doch fangen wir vorn an: Der Opener „Du, Mitt Konstverk“ beginnt – gänzlich ohne Vorgeplänkel – mit zackigen Blastbeats und schwarzmetallischen Gitarren; das klingt vielversprechend! Ebenso das folgende Motiv, das beeindruckend nordisch geprägte Arpeggio-Gitarren aufbietet und damit tatsächlich dem Albumtitel alle Ehre zu machen scheint. Doch halt! Irgendwas hat mich am Eingangsriff stutzig gemacht – und tatsächlich handelt es sich um die 1:1-Black Metal-Kopie eines Motivs aus dem „Inception“-Soundtrack („Radical Notion“, um genau zu sein). Niklas & Co. können sich scheinbar nicht ganz von ihren Cover-Bemühungen losreißen, auch wenn es sicherlich schlechtere Vorlagen gibt, an denen man sich bedienen kann.
Weiter geht’s mit „The Ghastly Silence“, das atmosphärisch in dieselbe Kerbe schlägt wie sein Vorgänger – nur dass es hier deutlich langsamer zugeht. Ein zentrales Motiv, um das beeindruckende Harmonien gesponnen werden und zu dem sich – nach einem kurzen „V Halmstad“-Intermezzo – eine wunderbar melancholische Oboe gesellt, die mir eine Gänsehaut nach der anderen erzeugt (Erinnert sich jemand an die Trompete in ULVERs „All The Love“? So in etwa…). Dazu gibt es gelungenen Klargesang Niklas‘, der „The Ghastly Silence“ in verzweifelte Tiefen stürzen lässt und damit zum besten Song des Albums macht.
Danach beginnt leider das Mittelmaß – sofern man bei SHINING überhaupt davon sprechen kann. „Han Som Hatar Människan“ und „Hail Darkness Hail“ hätten mit ihrem Groove und den gewohnten und daher mittlerweile unauffälligen Motiven ohne Weiteres auf einem der drei letzten Alben stehen können – und wären selbst dort eher untergegangen. Einzig auffällig ist eher eine Reduktion – die Reduktion ausufernder Gitarren-Soli, die wohl durch den Fortgang Gråbys ausgelöst wurde. „Det Stora Grå“ ist – wie vermutet – ein Klavier-Interludium, bevor „For The God Below“ zum Schluss qualitativ noch einmal etwas anzieht.
Insgesamt kann „Redefining Darkness“ in keiner Weise sein Versprechen halten, sondern stellt ein weiteres gelungenes, aber auch typisches, SHINING-Album dar. Wirklich schade finde ich, dass „The Ghastly Silence“ zeigt, zu welchen Glanzleistungen SHINING immer noch fähig sind, aber gute zwei Drittel des Albums nicht mehr als solide Hausmannskost bieten. Da rechne ich bei ihren norwegischen Namensvettern eher mit einer echten Neudefinition von Dunkelheit!
Zunächst stellt sich mir die Frage, was ein typisches Shining Album überhaupt sein soll. Meiner Meinung nach zeichnet sich die Band gerade dadurch aus, dass sie auf jedem Album einen Schritt weiter geht, ohne dabei ihr Gesicht zu verlieren. Die Entwicklung von „VII – Född Förlorare“ zu „Redefining Darkness“ ist für mich absolut nachvollziehbar aber auch überraschend. Das fängt an bei Äußerlichkeiten wie dem ungewöhnlichen Cover, dem Verzicht auf eine „VIII“ und den englischen Titeln. Niklas englische Texte singen zu hören ist zum einen etwas ungewohnt, zum anderen interessant, da man sie äußerst gut verstehen kann und nicht nach einer Übersetzung suchen muss. Die sechs Stücke sind nicht mehr so Komplex wie auf dem Vorgänger, von einer Eingängigkeit wie auf „VI – Klagopsalmer“ kann aber auch nicht die Rede sein. Der Wechsel aus akkustischen und cleanen Melodien und verzerrten Gitarren erzeugt immer noch diese düstere, leidende Atmosphäre. Für mich ein weiteres Meisterwerk von Shining.
Dem Autor ist anscheinend nicht aufgefallen das The Ghastly Silence eine wiederverwendung des 28 Day Later Soundtracks ist. Und eine ziemlich gute dazu.
Anstatt nach „Fehlern“ zu suchen, einfach mal die AUgen zu und die Musik genießen. Finde die Scheibe super. Habe alles Platten von Shining….finde es gut das sie stetig im Wandel sind
Das ist dem Autor tatsächlich nicht aufgefallen – danke für den Hinweis. Das erklärt natürlich, warum die ersten beiden Songs des Albums so positiv hervorstechen – während der Rest des Albums so klingt, als würde es vermeintliche Erwartungen erfüllen wollen.
Meine Kritik hat übrigens nichts mit „Fehlersuche“ zu tun – ich kann mich einfach nicht uneingeschränkt für ein SHINING-Album begeistern, bei dem ich ab „Han Som Hatar Människan“ das Gefühl habe, das Dargebotene schon einige Male gehört zu haben. Dass das Album gut ist, steht dabei für mich außer Frage – aber es ist eben kein Knaller wie damals die „IV“ und die „V“…
…was allerdings tatsächlich an den INCEPTION soundtrack angelehnt ist, ist ds erste riff von „Du, Mitt Konstverk“ >> http://www.youtube.com/watch?v=DI6rrM-A4YU
vergleich:
INCEPTION – Dream is Collapsing (Long Version)
http://www.youtube.com/watch?v=M1_4f17QBlA
p.s. danke an meine frau, der ist’s aufgefallen ^^