Shining - IX – Everyone, Everything, Everywhere, Ends

Review

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Im Zuge der Veröffentlichung von Album Nummer IX sollte es allmählich einmal möglich sein, den Namen SHINING mehr mit den qualitativ hochwertigen Outputs der letzten Jahre und weniger mit dem ein oder anderen Pseudo-oder-etwa-doch-nicht-pseudo-Imagegetue zu assoziieren. Denn dafür beweist das Kvarforth’sche Flaggschiff spätestens seit dem 2007er Durchbruch mit „Halmstad“ viel zu regelmäßig, dass ihm die eigenständige Interpretation düsterer Rockmusik so schnell keiner nachmacht. Eine Entwarnung vorweg: Daran ändert sich auch auf „IX – Everyone, Everything, Everywhere, Ends“ nichts.

Nach dem formalen Albumtitel-Aussetzer „Redefining Darkness“ wird im Jahre 2015 plötzlich wieder nummeriert und auch sonst stimmt die äußere Form: Sechs Titel, von welchen der erste vollwertige Song ohne Umschweife drauflosbolzt, der zweite mit Akustikgitarre beginnt, der dritte als rifflastige Rocknummer daherkommt, ehe man schließlich ins epische, dynamisch-schwankende Finale stolpert. Läuft soweit alles. Neu ist allerdings das vierminütige Albumintro namens „Den Påtvingade Tvåsamheten“, welches die oben aufgeführte klassische SHINING-Album-Rezeptur auf „IX – Everyone, Everything, Everywhere, Ends“ jeweils um einen Zähler verschiebt. Die Nummer entpuppt sich als melodische Instrumentalklimax zwischen Epic Doom und Phaser-Effektschleife und führt den Hörer bereits in eine der wichtigsten Facetten der Platte ein: Das harmonische Zusammenspiel der beiden Gitarreros Peter Huss und Euge Valovirta.

Das bereits im Vorfeld auf einer Split mit ENSLAVED veröffentlichte „Vilja & Dröm“ black’n’rollt zunächst allerdings in altbekannter Manier vor sich hin. In den Strophen schließen sich die gleichfalls vertrauten Dissonanz-Arpeggios an, deren ruhigere, angezerrte E-Gitarren darauf schließen lassen, dass vom KATATONIA-Cover der 2012er EP „Lots Of Girls Gonna Get Hurt“ vielleicht doch etwas mehr hängengeblieben ist. Und so pendeln SHINING in den folgenden 40 Minuten wie gewohnt zwischen den Extremen. Die Sechssaiter-Arbeit dominiert, hier mal molliges Tremolopicking, dort mal etwas Hard-Rock-Riffing, gefolgt von gnadenlos ausschweifenden Soli. Immer dazwischen: Akustische Zwischenspiele, vielleicht mehr denn je. Neben der klassischen, na ja, sagen wir mal „Halbballade“ „Framtidsutsikter“, lässt insbesondere „Inga Broar Kvar Att Bränna“ mit seinen zu Beginn rhythmisch locker angeschlagenen Akustikgitarren aufhorchen. Das Spielchen geht so weit, dass sich gelegentlich sogar mal ein Dur-Akkord einschleicht. Fast schon erschreckend. Doch wenn sich in der anschließenden Monotonieparade Kvarforths durchtriebene Schreie mit einem nicht minder überraschenden Banjo abwechseln, wird schnell klar, dass dieses Wechselspiel noch lange noch nicht ausgelutscht ist. (Jaja, das mit dem Banjo haben TAAKE zuerst gemacht und doch, SHINING machen es trotzdem besser.)

Zahlt sich eine eingespielte, feste Besetzung am Ende doch noch aus?

Die wirklich blackigen Blastbeat-Ausbrüche beschränken sich hingegen auf vergleichsweise kurze Passagen in Songs wie „Människotankens Vägglösa Rum“ oder „Besök Från I(ho)nom“, welche im Gegensatz zu früheren Outputs aber nur mittelmäßig Tiefgang bieten. Hier vermisst man die markanten Keyboard-Chöre aus älteren Nummern wie „Vilseledda Barnasjälars Hemvist“ (von „Klagopsalmer“) oder „FFF“ (von „Född Förlorare“). Sowieso zieht die Rhythmusfraktion in Saitenschredder-Momenten aber eher das Mid-Tempo vor, wie es Fans der Band von Songs wie „Neka Morgondagen“ (von „Halmstad“) kennen. Denn während sich Huss & Valovirta (zurecht!) permanent in den Vordergrund drängen, sind es gerade die beiden Herren im Hintergrund, die für das filigrane Soundgewand von „IX – Everyone, Everything, Everywhere, Ends“ verantwortlich sind. Bandküken Christian Larsson baut seine Qualitäten am Bass von Album zu Album kontinuierlich aus und muss sich während besagter Clean-Intermezzi mit seinen fein definierten Skalen keineswegs hinter den Sechssaitern verstecken. Rainer Tuomikanto beweist sich derweil als mehr als angemessener Ersatz für den In-And-Out-Drummer Ludwig Witt. Die vereinten Instrumental-Kräfte tischen einem hier also vor allem eines auf: Feinfühlige Rockmusik, oft und gerne fernab von primitivem Geschrei und stümperhafter Black-Metal-Attitüde. Herr Kvarforth, zahlt sich eine eingespielte, feste Besetzung am Ende doch noch aus?

Natürlich präsentiert auch der Bandchef selbst wieder einmal seine Qualitäten als vielschichtiger Sänger. Im Gegensatz zu früheren charismatisch-seichten Klargesang-Einsätzen wie beim beinahe zur Hitsingle mutierten „Förtvivlan, Min Arvedel“ (von „Född Förlorare“) hört man ihm auf „IX – Everyone, Everything, Everywhere, Ends“ die weniger angestrengte Herangehensweise spürbar an. Diese Routine ermöglicht die vermehrte Konzentration Kvarforths auf „interessante“ Betonungen, bedrohliches Flüstern oder auch mal die volle Ausschöpfung unterer Tonlagen („Besök Från I(ho)nom“). Wer braucht da noch American-Psycho-Zitate?

Düster, melancholisch, über jeden Zweifel erhaben. Mit „IX – Everyone, Everything, Everywhere, Ends“ perfektionieren SHINING ihren eigenständigen, spätestens seit „The Eerie Cold“ etablierten Stil einmal mehr und führen einmal mehr vor Augen, warum sie niemandem mehr etwas beweisen müssen. Ob Album X dann aber endgültig neue Facetten im Sound aufgreifen wird, bleibt abzuwarten. Wäre aber nach sechs stiltreuen Alben mal angebracht.

 


 

Die Bonustracks sollen an dieser Stelle noch einmal einzeln angesprochen werden, da sie klar aus dem SHINING-typischen Albumkonzept fallen.

„Ohne Dich“ (Rammstein Cover): Die Idee, Flakes tragende Keyboardarbeit auf schwarzmetallische Art und Weise durchzuschreddern, zeugt zwar nicht von großer Kreativität, birgt aber durchaus ihren Charme. Dank Google-Translator-Sprachausgaben-Deutsch bleibt der Song für Muttersprachler allerdings nur ein bedingtes Hörvergnügen.

„Black Industrial Eleven“: Nach der 2013er-Version mit Maniac („8 ½ – Feberdrömmar I Vaket Tillstånd“) bereits die dritte Neuaufnahme von „Black Industrial Misery“, welches im Original als „Svart Industriell Olycka“ auf „III – Angst – Självdestruktivitetens Emissarie“ (2002) erschien und mit englischem Titel auf „Through Years Of Oppression“ (2004) wiederveröffentlicht wurde. Die beigefügte tiefer gestimmte Version unterstreicht noch mal, dass „IX – Everyone, Everything, Everywhere, Ends“ nicht zuletzt von der glasklaren Produktion lebt und beweist, dass es sich hier einfach um sauber komponiertes Stück Black Metal handelt – egal, unter welchen Soundbedingungen. Langsam weiß man’s dann aber auch.

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13.04.2015

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