Die Finnen sind bekannt für ihre vertonte Traurigkeit. Diese kann jedoch sehr unterschiedlich ausfallen: SWALLOW THE SUN mischen eigensinnige Wut dazu, INSOMNIUM tönen innerhalb ihrer farbenreichen Songs beinahe selbst überrascht, wie enthusiastisch ein regenreicher Herbsttag stimmen kann, AMORPHIS tauchen melancholisch in die Geschichte ihrer Heimat ein und ein anderer, HIM, ist nur deshalb traurig, weil es ihm gefällt (und vielen klimpernden Wimpern auch), TENHI wiederum zeichnen ruhig-akustisch die karge Schönheit ihres Landes nach, FALL OF THE LEAVE eher auf verwirrende Weise. Denken wir auch noch an RAPTURE, HANGING GARDEN, TERHEN oder DEPRESSED MODE, so wird deutlich, dass vertonte Traurigkeit sehr viele Facetten haben kann. Eine Band aus dem Lande der tausend Seen, die nun wieder eine etwas andere Art Herbststimmung ins heimatliche Zimmer zaubert, ist SHAMRAIN, deren drittes reguläres Album „Goodbye To All That“ gerade erschienen ist.
Denn geboten wird uns ein sehr ansprechender Mix aus Gothic-Rock, beinahe alternativen THE CHURCH-Vibes und atmosphärischem Rock, der komplex, variabel und dabei zumeist ruhig fließend einherkommt. Das kleine graue, beinahe unscheinbare Gemälde abseits der Meister, ist das nicht treffend für die Zeit der Herbststürme? Regen, Abschied, Vergessen, Schatten, Geister, verlöschende Sterne und die Stille eines Kindes, das zum ersten Male bewußt die dritte Jahreszeit erlebt, das sind die Leitthemen der Songs. „Holding The Earth“ schwebt bereits durch den Herbstmorgen, die Blätter werden vor uns aufgewirbelt. „Raindrops“ machen sich am Fenster bemerkbar, übrigens mit diesen leicht klopfenden Licks trefflich in Szene gesetzt. Ein wenig Psychedelic kann erahnt werden, Renske und KATATONIA würden anerkennend nicken, auch Wilson und PORCUPINE TREE. „Ghosts I See“ bietet sanfte Keys, im Gegensatz zu ihren Landsmännern YEARNING, die gerne Masquerade spielen, sind die Songs bei SHAMRAIN nicht reich ornamentiert, sondern so instrumentiert, dass der Track stets auf der Milchstraße verbleibt.
Die Solopassagen wirken flüssig, stimmig, ausbalanciert. Die Frauenstimme bildet eine angenehme Ergänzung zu Mikas Vocals. Das getragene „Passing Shadows“ verführt auch die obenangesprochenen HIM-Jünger, aber anspruchsvoller. „Shallow Delusion“ ziert eine bittersüße Melodielinie, das akustische „Stars Will Fall“ wildert auch ein wenig im modernen Bereich, Samples und schwebende Gitarren locken die arglosen Wolken an. Das sanfte „Silent Lullaby“, „Evangeline“ (mit verzerrten Kinderstimmen und Spieluhr, als wird hier ein erinnerungsträchtiges Schwarz-Weiß-Foto vertont) und „No One Remembers My Name“ (mit verhaltenen Klaviertönen aus der Vergangenheit) lassen uns schwelgen, dahintreiben, zurücklehnen. Das den Abschluss bildende „Goodbyes Painted Black“ bereichert dunkle (außerordentlich gute) Gitarrenakkorde um zerbrechliche elektronische Spielereien. Die sehr gut produzierte, das Gothic-Genre endlich mal um wirklich nette Nuancen erweiternde kleine Juwel kann Anhängern sämtlicher obengenannter Bands anempfohlen werden, aber auch OPETH-Hörern, die mit den ruhigeren Tönen der Schweden etwas anzufangen wissen.
Enttäuschend, nachdem was mein Herr Kollege Stendahl so angekündigt hat. Die Songs sind schon ganz schön, doch mehr auch nicht, eine echte Atmosphäre kommt nicht wirklich auf, da hatte ich mehr erwartet. Kann man sich mal zwischendurch anhören, aber im Grossen und Ganzen greift man doch lieber auf die Vorbilder zurück, wie KATATONIA und H.I.M. selbst. SHAMRAIN fehlt noch etwas der Tiefgang.
Ich kann Blackchests Kritik nicht recht nachvollziehen. Kennt man die beiden Vorgängeralben, so stellt man nun fest, man bewegt sich weiter im Fahrwasser genau dieser Alben. Der Vergleich mit HIM hinkt total und auch mit Katatonia hat Shamrain herzlich wenig gemein. Shamrains Musik spricht zwar vorallem die Hörer von Katatonia an, heißt aber nicht, hier ließe sich solch ein Vergleich ziehen.
Mir persönlich gefällt das Album, weil es so schön leicht vor sich hinplätschert. Nein, neu erfunden hat man nichts. Aber schlecht ist das Werk hier auch nicht, ebensowenig wie sein Vorgänger. Man schaltet das Album an und es geht in den Kopf und die Emotionen fließen. Einheitsbrei läßt sich hier auch nicht feststellen, da die Band durchaus ihren eigenen Stil besitzt und diesen, wie oben schon angemerkt, auch weiterhin propagiert.
Fürs nächste Album könnte die Band dennoch und durchaus progressiver oder instrumentaler werden, etwas weg von dem dahingeplätscher. Mich täte wirklich interessieren, was dann dabei herauskäme. Ich denke ein noch besseres Album als dieses hier.