Shadowrun - Lücken im Code
Review
Die Cyberpunk-Welt von SHADOWRUN bietet sehr viele verschiedene Möglichkeiten. Als Magierin oder Schamane, als Straßen-Samurai oder drohnensteuernde Riggerin kann man jederzeit in die Spielwelt abtauchen und dabei allerlei magische wie futuristische Abenteuer erleben. „Lücken im Code“ beleuchtet als Quellenbuch die virtuelle Matrix, seit jeher Spielplatz für Hackerinnen und Technomancer.
Zehn Matrix-Gruppen zum Durchblättern
Dabei geht es weniger um den Aufbau der Matrix, sondern um zehn Gruppierungen, deren Wirken mit ihr verbunden ist. Den Anfang macht „Ex Machina“, eine kollektive Entität, bestehend aus reinen Matrixwesen, die sich irgendwann in der virtuellen Realität gebildet haben und nun in unsere Welt dringen. Dies tun sie, indem sie in das Bewusstsein von Metamenschen eindringen und diese als Cyber-Zombies versklaven. Das hört sich zunächst etwas zu abgefahren an, ist aber als wunderbar undurchsichtige und äußerst gefährliche Schattenorganisation beschrieben, die man als rätselhaften Gegenspieler der eigenen Gruppe aufbauen kann.
Idealistischer und somit greifbarer als Gegenspieler oder Verbündete, sind da zum einen die E-Nation Garmonbozia, die eine unabhängige virtuelle Zuflucht darstellt, sowie die GOD-Slayer, die die Überwachung der Matrix durch Staaten und Konzerne beenden will. Die Frau in Rot hingegen verfolgt eher selbstsüchtige Ziele und besteht nicht aus einer einzelnen Person, sondern aus einer ganzen Gruppe von Technomancern, die in der Matrix alle den gleichen Avatar benutzen.
Die Marianne hingegen ist das staatliche Monitorsystem, mit dem Frankreich die Aktivitäten seiner Bürger*innen in der Matrix überwacht und je nach Fall teilweise belohnt oder sanktioniert. Einen neuen Staat erschaffen, beziehungsweise die Vereinigten Staaten von Amerika neu gründen will stattdessen die Adler-Vorhut der Neuen Revolution. Dabei handelt es sich um, mit Begriffen aus unserer Realität beschrieben, skrupellose Alt-Right-Aktivisten, die die Matrix in ihrem Sinne terrorisieren.
Gefährliche KIs sorgen für „Lücken im Code“
Bei der Nullsekte handelt es sich um eine Ansammlung von KIs, die originär dem Matrix-Code stammen und es sich auf die Fahne geschrieben hat, die virtuelle Welt von anderen KIs und Technomancern zu bereinigen, inzwischen aber scheinbar auch die komplette Außenwelt auslöschen will. Mit diesen unfreundlichen Wesenheiten konnte man bereits in „Parallele Wirklichkeit“ aufeinandertreffen. Ihre Beschreibung in „Lücken im Code“ nimmt ihnen trotz ausführlicher Regelergänzungen nicht den Nimbus als gnadenlose Antagonisten und zwielichtige Auftraggeber.
Auch beim Omniswarm handelt es sich um eine Gruppe aus digitalen Wesenheiten, die die Matrix aber eher nach ihren Vorstellungen umformen möchte und dabei weniger filigran vorgeht als die Nullsekte. Die Reality Hackers hingegen sind eine klassische Gruppe, bestehend aus Hackern, die für kriminelle Organisationen arbeitet und aufgrund ihrer Vorgeschichte einen Rachefeldzug gegen die Yakuza führt. Die Signal Spikes hingegen sind Öko-Terroristen mit klarer Agenda.
Abwechslung für Matrix-Runden
„Lücken im Code“ präsentiert also eine abwechslungsreiche Riege an Gruppierungen, die in der Matrix aktiv sind und ganz unterschiedliche Absichten verfolgen. Die Texte sind alle hervorragend geschrieben und übersetzt. Zudem gibt es zu jeder Fraktion Regelhinweise und Abenteueraufhänger, sowohl als Auftraggeber wie auch als Gegenspieler. Das ist insgesamt sehr gut gelungen und eine wahre Bereicherung für Matrix-Abenteuer.
Typisch für SHADOWRUN werden die Texte als Ingame-Quellen aus der Spielwelt präsentiert. Das liest sich zwar durchaus unterhaltsam, erfordert aber auch viel Vorwissen, um den verwendeten Slang zu verstehen. Der Übergang zu den Regelabschnitten ist dabei außerdem nicht klar gekennzeichnet. Dass nicht immer nachzuvollziehen ist, wo der sogenannte Shadowtalk aufhört und die praktischen Hinweise für die Spielleitung anfangen, wirkt etwas unrund, ist aber zu verschmerzen.
Außerdem ist dieses mal endlich ein Regelindex enthalten. Er ist zwar sehr knapp und überschaubar, aber im Gegensatz zu anderen an dieser Stelle besprochenen SHADOWRUN-Büchern, hat „Lücken im Code“ wenigstens eine kleine Nachschlaghilfe.
Tolle Impulse für Fortgeschrittene
Nicht ganz nachzuvollziehen ist die Platzierung des Kapitels „Zur Verwendung dieses Buches“ ganz am Ende des Bandes. Diese drei Seiten hätten eher an den Anfang gehört, da sie in erster Linie erklären, worum es in „Lücken im Code“ überhaupt geht. Wer sich in SHADOWRUN auskennt, wird sich auch ohne diese Einleitung zurechtfinden, wer aber bisher nur wenig Ahnung vom System hat, wird ein bisschen blättern müssen, sollte besser zuvor aber auch andere Bücher lesen, um sich bei den Ingame-Begriffen zurechtzufinden.
Dennoch liegt mit „Lücken im Code“ ein wunderbarer Quellenband vor, der vor allem SHADOWRUN-Veteranen, die gerne mit der Matrix spielen, viele neue Impulse gibt. An der Aufbereitung könnte man immer noch feilen, aber das Lesen macht einfach Spaß und Lust darauf, eigene Matrix-Abenteuer zu entwerfen.
Der Soundtrack für virtuelle Abenteuer in der Matrix: VEXED – Negative Energy / SLEEP TOKEN – Take Me Back To Eden / INHERUS – Beholden
Würfeln und blättern, statt lauschen und headbangen – In der Rubrik „Dice ‚em All“ stellen wir euch ausnahmsweise keine Musik vor, sondern Rollen- und Brettspiele.
Shadowrun - Lücken im Code
Band | |
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Wertung | |
User-Wertung | |
Stile | Rollenspiele |
Anzahl Songs | 0 |
Spieldauer | |
Release | 2023 |
Label | Pegasus Spiele |