Seven main sins - Demo A.D. 2005

Review

SEVEN MAIN SINS aus Polen sind so ziemlich das Putzigste, was mir in zehn Jahren Undergroundjournalismus untergekommen ist. In einem von ihrem Manager geschriebenen, wirklich netten Brief auf Deutsch (!) erfährt man so ziemlich alles, was man über eine Band erfahren kann – auch das, was für ein Review gar nicht relevant. So entschuldigt sich der Mann zum Beispiel dafür, dass auf der Demoaufnahme einige Fehler zu finden sind, die nicht mehr zu korrigieren waren, weil für fünf Stücke mit 26 Minuten Spielzeit nur 100 Studiostunden zur Verfügung standen. Was ist das für eine Begründung? Die besten aller ABIGOR- oder SUMMONING-Alben sind in kürzerer Zeit aufgenommen wurden und trotzdem annähernd fehlerfrei. Außerdem bietet die Band an, im Falle einer Zusammenarbeit mit einem Label ihre Songs neu aufzunehmen und – Achtung! – die polnischen Texte durch englische zu ersetzen. Ich glaube es geht los. Eine Anbiederung dieser Art hat eine Band wohl nicht nötig – und, man lese und staune, SEVEN MAIN SINS ebenfalls nicht. Ihre fünf ersten Stücke auf diesem Demo sind für einen ersten Versuch absolut hörbar, da gibt es nichts zu entschuldigen und nichts zu verändern. Spielerisch und kompositorisch haben scharenweise Bands auch nach zehn Jahren Existenz noch wesentlich Schlechteres abgeliefert.
Woran es mangelt ist schlicht Eigenständigkeit. Der kongeniale Keyboarder hat zuviel alte DIMMU BORGIR und ARCTURUS (und vielleicht auch mal alte ORDO DRACONIS) gehört, das gemischte Gesangsduo vermutlich zuviel THEATRE OF TRAGEDY. Stilistisch hängt die insgesamt siebenköpfige Truppe irgendwo zwischen „Enthrone darkness triumphant“ und TRISTANIA fest, allerdings mit eindeutigem Hang zum „sinfonischen Black Metal“, wie das früher hieß. Bedeutet: dicke Keyboardteppiche, Blastspeed, viel Gekreische, überschaubare Songstrukturen und eine insgesamt eher gemäßigt-sakrale, fast gothische Atmosphäre mit viel Melodie und Pathos. Glanzpunkte sind das gelegentliche zweistimmige Leadgitarrenspiel, die virtuosen Keyboards und (das ist freilich selten!) der weibliche Gesang. Allen ernstes, die Frau kann zur Abwechslung singen, und das ohne Knöpfchendreherei und Autotuner. Drummer, Gitarristen und Basser bewegen sich im Rahmen dessen, was man von einer jungen Band mittlerweile schon fast nicht mehr erwarten kann: sie leisten saubere Arbeit.
Dem Demo fehlen allerdings alle Höhepunkte, es fängt anständig an, hört anständig auf und – das dachtet Ihr Euch sicher schon – ist zwischendrin ganz anständig. Mehr nicht, weniger nicht. Kaufen wir das allerdings niemand, schon deshalb nicht, weil man sich die komplette CD über die oben angegebene Adresse kostenlos runterladen kann. Woran SEVEN MAIN SINS viel eher als an ihren Texten und ihrer Produktion arbeiten sollten, und das mehr als dringend, ist ihr äußeres Auftreten. Peinlichere Fotos und ein geschmackloseres Booklet (zudem noch mies gedruckt) habe ich noch nie gesehen. Es ist zum Weglaufen. Da würde ich als Manager als erstes ansetzen. Die Leute vor der Fotosession zum Haarewaschen anhalten, ein bisschen einheitlich kleiden und vielleicht ein paar Euro für einen anständigen Fotografen investieren. Und für einen Grafiker. Und eine anständige Druckerei. Und noch ein Tipp: mehr Rückgrat zeigen! Warum keine polnischen Texte? Warum sollte man eine gute Demo-CD nicht verkaufen, anstatt sie zu verschenken? Eben. Musikalisch muss sich die Truppe keine Sorgen machen, wenn sie so weitermacht, gibt es da wenig zu meckern.

14.07.2006
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