Was den Status von Keyboard und Gründungsmitglied Mario Hirzinger bei den österreichischen Symphonic-Power-Metallern angeht, habe ich längst den Überblick verloren. Ist er jetzt endgültig ausgestiegen? Oder kann er sich einfach nicht von seinen langjährigen Mitstreitern losreißen und wird wohl niemals völlig aus dem SERENITY-Dunstkreis verschwinden?
In jedem Fall hat Hirzinger auf „War Of Ages“ noch hörbar seine musikalischen Spuren hinterlassen, wodurch die Scheibe nahtlos an die bisherigen, durchwegs hörenswerten Alben der Band anknüpft. Tatsächlich können SERENITY sogar noch einmal einen draufsetzen und liefern ein nahezu perfektes Album ab, bei dem ein Highlight das nächste jagt und kein Song auch nur ansatzweise in die Mittelmäßigkeit abzurutschen droht.
Stilistisch wird hier eine superbe Mischung aus Power Metal europäischer Prägung und Symphonic-Bombast geboten, der sich so gekonnt und unerschrocken an die Grenze zum Kitsch heranwagt, ohne diese jemals zu überschreiten, wie man es sonst eigentlich nur von NIGHTWISH kennt. Wo die großen Melodiebögen zum Träumen einladen, hat das Riffing immernoch ausreichend Biss und die Rhythmusabteilung legt einen tighten Groove vor, der unweigerlich zum Mitwippen verführt.
Immer wieder sorgen kleinere Experimente und Spielereien für eine Auflockerung des Klangbildes. Die orientalischen Einsprengsel in „Shining Oasis“ und das Renaissance-Intro von „Legacy Of Tudors“ stellen dabei nur die auffälligsten Beispiele dar. Letztlich fügt sich alles zu einem homogenen Gesamtbild, das nicht mehr die Progressivität der SERENITY-Frühphase aufweist, aber dennoch angenehm vielschichtig und spannend bleibt. Einen festen Platz haben hier längst auch die weiblichen Background- und vereinzelt sogar Lead-Parts gefunden, die inzwischen gar nicht mehr wegzudenken wären.
Zugegeben, als ich hörte, dass man die als live-Unterstützung angeworbene Background-Sängerin Clementine Delauney zum festen Bandmitglied befördert hatte, war meine Sorge groß, dass sich SERENITY zu weit in Richtung einer Female-Fronted-Combo entwickeln könnten. Glücklicherweise war diese Sorge unbegründet, die gewohnt brilliante Gesangsleistung von Georg Neuhauser steht immernoch im Mittelpunkt und profitiert noch von den Kontrasten die seine nicht minder fähige Kollegin am Mikrofon in den Sound einbringt.
Wie beim Vorgänger „Death & Legacy“ unternehmen SERENITY in ihren Texten einen Streifzug durch die Geschichte, der zumeist historische Persönlichkeiten (Elisabeth Bathory, Napoleon Bonaparte, Alexander der Große, Nero, Ludwig van Beethoven, Ulrich von Jungingen, Heinrich der Achte, die Habsburger), aber auch ganze Epochen (der Dreißigjährige Krieg) oder Orte (die Felsenstadt Petra) als Aufhänger nutzt. Die Musik spiegelt dabei den thematischen Inhalt stets angemessen wieder, so dass „The Art Of War“ und „Tannenberg“ natürlich ungleich treibender und kämpferischer ausfallen als das erhabene „Symphony For The Quiet“.
Einzelne Stücke als Anspieltipps herauszupicken fällt hier schwer, das Gesamtniveau ist auf „War Of Ages“ einfach zu hoch. So bleibt mir nur, eine uneingeschränkte Kaufempfehlung auszusprechen und jedem Fan des symphonischen Power-Metals diese Band ans Herz zu legen. Zum All-Time-Klassiker mag es vielleicht noch nicht ganz reichen, mit ihrem neuen Album sind SERENITY dem aber bereits verdammt nahe gekommen.
Sehr gut geschriebenes Review. Eindeutig die beste Scheibe von Serenity, symphonischer Metal auf höchstem Niveau.