Eine ganz mysteriöse Platte, die in diesem Monat aus dem Nichts aufgetaucht ist, stammt aus Bayern und hört auf den Namen SERAPHIN. Abgesehen von dem testosterontriefenden Cover gibt es einen fast gleich großen Anteil von riffigen Nummern und Balladen, was in den 80ern wohl noch unter AOR durchgegangen wäre, heute aber etwas anbiedernd wirkt. Doch wie man glücklicherweise schnell merkt, ist handwerkliches Potential auf jeden Fall da. Jede Gitarrenpassage ist nicht nur punktuell genau eingespielt, sondern auch für Rockverhältnisse mitunter ganz schön filigran komponiert. Ein wenig beeindruckt muss man also schon sein, was dieser mysteriöse Haarschopf ganz allein auf die Beine gebracht hat.
Was das Songwriting als Ganzes angeht, ist die Sache aber schon etwas durchwachsener. Nicht dass Kollege SERAPHIN keine Ahnung von Tonleitern und anderen Grundkenntnissen hätte, aber es ist erschreckend wie man eine Platte mit so durchweg gelungenen Rocksongs schreiben kann, die gleichzeitig aber so gut wie keine eigene Note haben. Gäbe es nicht den konstant (meist mehrspurigen) Gesang, der die Qualität des Album leider eher drückt als steigert, könnte man das selbstbetitelte Debüt auch problemlos für einen Sampler der 90er halten. Zwar gibt es Songs die durchaus aufsehen erregen, wie das moderne „Fat Zap“, das mächtig rockende „Nothing But A Guest“ oder die verspielte Halbballade „Golden Hat“, aber so was wie eine eigene Note erkennt man leider zu keiner Zeit. Dennoch muss man genauso anerkennen, dass es keinerlei Ausreißer nach unten gibt, und die Platte problemlos von vorne nach hinten durchzuhören ist. Lediglich der Titeltrack kann mit seinem akustischen Pathos und der textlichen Ausarbeitung des amerikanisches Traumes etwas aufstoßen, aber das ist zugegebenermaßen eine extrem subjektive Sache.
Damit ist das Debüt des bayerischen Flugzeugfanatikers alles in allem durchaus gelungen und macht Hoffnung auf eventuelle Nachfolger. Wer was mit einfachem Rock anfangen kann und sich nicht durch das extrem auf Frauen zugeschnittene Cover abschrecken lässt (oder im Idealfall sogar eine Frau ist), sollte auf der ordentlich gemachten Homepage mal reinhören. Alle anderen warten auf hoffentlich mehr Individualismus im Nachfolger.
Kein einziger Song auf dieser Scheibe hat irgendwelche Klasse. Das einzige faszinierende ist, das jemand eine derartige Menge Mist komponieren kann und auch noch einen Label-Deal bekommt.