Beinahe eine Dekade ist SEPULTURAs letzte DVD-Veröffentlichung her, da kann man schon mal mit einem neuen Live-Mitschnitt nachlegen. Aber deswegen gleich ein Standard-Konzert auserwählen? Nicht mit den Brasilianern. Für „Metal Veins – Alive At Rock In Rio“ haben sich SEPULTURA etwas ganz Feines ausgedacht und ihren Auftritt vom Rock in Rio Festival am 19. September 2013 auf Silber gepresst. Das Besondere an diesem Gig vor einem Jahr: damals holte man sich das sechzehnköpfige, französische Perkussion-Kollektiv LES TAMBOURS DU BRONX mit ihren Öl-Fässern als zusätzliche Begleit-Instrumente sowie deren Elektronika-Mann Yann Lavocat auf die Bühne. Muss wohl ein wahres Industrial-Tribal-Fest gewesen sein,…
…mit der Betonung auf dem Modalverb. Denn „Metal Veins – Alive At Rock In Rio“ ist ein gutes Beispiel für gut gemeint ist nicht gleich gut gemacht. Das liegt weder an der Kulisse noch an der professionellen Aufbereitung, die man einer Aufnahme in solcher Größenordnung zwangsläufig unterstellen kann. Bild und Schnitt fangen die Atmosphäre des Kult-Festivals mit einem Meer aus Menschen, Farben und einer in blutrotes Licht getauchten Bühne adäquat ein und profitieren natürlich vom Heimspiel SEPULTURAS – Rock in Rio ist wohl nur geiler, wenn man selber dort ist.
Und genau hier liegt der Grund, wieso man mit „Metal Veins – Alive At Rock In Rio“ nicht wirklich warm wird. Das Entscheidende, der Sound, kann gar nicht die volle Live-Wirkung entfalten. Natürlich fügen sich die französischen Perkussionisten nahtlos in den Sound SEPULTURAs: die grundlegend übereinstimmenden Tribal-Rhythmen gehen eine Liaison ein, die zwingender und offensichtlicher kaum sein kann. Und natürlich funktioniert die Setlist mit Fokus auf SEPULTURAs rhythmusbetonten wie midtempolastigen Songs sowie vier LES TAMBOURS DU BRONX-Eigenkompositionen exorbitant gut. Leider aber wurden die 16 Fass-Schläger so präsent (um nicht zu sagen: prominent) abgemischt, dass Kissers Riffing (von den Soli abgesehen) und Drummer Eloy Casagrandes schlaggenaues Spiel im allgemeinen Holz-auf-Metall-Crescendo der TAMBOURS DU BRONX untergehen. Bisweilen zieht dies Song-Ratespiele und somit einen Verlust des Reizes nach sich, den diese Ausnahmekonstellation der beteiligten Musiker unbestritten ausmacht.
Immerhin entschädigt die knapp 25-minütige Dokumentation ein wenig für die sich irgendwann breitmachende Indifferenz gegenüber dem Konzertteil. Ohne deutsche dafür mit englischen Untertiteln kommen hier sowohl SEPULTURA als auch LES TAMBOURS DU BRONX zu Wort und legen in Interviews sowie Aufnahmen aus dem Proberaum dar, wie es zu dieser ungewöhnlichen Zusammenarbeit kam. Dieser informative Teil holt die Kohlen aber nicht mehr aus dem Feuer und legt nahe, dass „Metal Veins – Alive At Rock In Rio“ als Bonus-Feature eines Standard-Konzerts vielleicht besser aufgehoben gewesen wäre. Immerhin haben sich seit „Live in São Paulo“ vier Studioalben und somit auch reichlich neue Songs in die Setlist eingeschlichen.
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