Eine ganz besondere Idee hat sich der brasilianische Vierer von SEPULTURA einfallen lassen. Und das war nicht unbedingt vorherzusehen gewesen, ist doch nach dem Abgang von Ig(g)or Cavalera nur noch ein echtes Gründungsmitglied der Band zugehörig. Jedoch scheint dies weder in Sachen Kreativität noch im Willen Musik zu machen seinen Tribut gefordert zu haben. Die Südamerikaner zeigen sich vielschichtiger und tiefgehender als je zuvor.
Das fängt schon bei der literarischen Grundlage an. „A-Lex“ basiert auf dem von Anthony Burgess geschriebenen Roman „A Clockwork Orange“, welcher später sogar von Stanley Kubrick noch verfilmt wurde und in diesem Zusammenhang wahrscheinlich vielen geläufiger erscheinen wird. Alleine diese Tatsache und auch die Nähe, mit der man der Romanvorlage begegnet (der tragische Held heißt Alex), machen dieses Album schon zu einem besonderen Gegenstand, ohne dass man das Album vorher überhaupt einmal gehört hat.
Soweit das Konzept. Viel wichtiger ist natürlich die musikalische Umsetzung. Geht man von einer perfekt bearbeiteten Romanvorlage, einer perfekten Instrumentalisierung aus, sollte man sich als Hörer jeden einzelnen der zerstörerischen Schritte A(-)Lex‘ von und an ihm vorstellen können. Vielleicht sich sogar ganz ohne die Liedtexte vorstellen können, an welcher Stelle der Geschichte man sich befindet. Eben das gelingt stellenweise auch ganz gut, besonders in den Momenten, wo die Zerstörung im Vordergrund steht („Filthy Rot“, „The Treatment“). Man hat das Gefühl Alex‘ destruktive Gedankengänge direkt fassen zu können, vermittelt durch Double-Bass, brechende Gitarrenriffs und aggressive Vocals. Das, was SEPULTURA an dieser Stelle wirklich stark machen, ist, dass sie diese Aggressivität nicht einfach in achtzehn brachial nach vorne brechende Heavy-Metal-Tracks verpackt haben, sondern dass sie diese stattdessen mal ruhig (gegen Ende von „Metamorphosis“), mal schleppend („We’ve Lost You!“) auf jeden Fall aber immer bedrohlich klingen lassen. Die anfangs bereits zitierte Vielschichtigkeit bringt sie dabei sogar in stark progressive Gefilde („Sadistic Values“), wobei ich mich dem Eindruck nicht erwehren kann, dass man sich die neue GOJIRA ganz genau angehört hat.
Wäre da mal nicht der Name SEPULTURA… Ich bin wahrscheinlich nicht alleine, wenn ich mit diesem Namen nach wie vor Thrash Metal erster Klasse verbinde. „A-Lex“ ist davon meilenweit entfernt! Und auch für Menschen, die sich mit der Materie Anthony Burgess (noch) nicht auseinander gesetzt haben, besteht die Gefahr, dass sie mit diesen achtzehn teilweise zweifelhaft auseinander gezogenen Teilchen Musik Probleme haben werden.
Als Rezensent traut man sich eigentlich nicht eine Kaufempfehlung für eine Band mit diesem Namen und diesem Hintergrund auszusprechen, die dann ein solches Album produziert. Vielen wäre wahrscheinlich eher geholfen, wenn sich die vier Jungs umbenennen würden und ihr Ding unter einem anderen Namen durchziehen würden. Wenn ich SEPULTURA will, greife ich nach wie vor zur CAVALERA CONSPIRACY.
Habe das Album viermal durchgehört. Als erstes noch: Ich hab keine Probleme mit dem neuen Sound, wer sich damit nicht abfindet, legt halt nur die alten Platten ein und soll bitte nicht weiter rumheulen
Zum Album: Es ist in echter Wutklumpen, das möchte ich nicht abstreiten, diese Wut wird auch gut übertragen, diesmal mit einem großteil sehr straighten Songs, mal schnell, mal langsam, und dabei sehr hardcorelastig. Soweit nichts neues. Dann gibt es aber noch die Songs, die mit Akustikgitarre aufwarten und Ludwig van. Diese Songs sind… schlecht. We’ve Lost You und Sadistic Values sind absolut sinnlos vom Songaufbau und Ludwig van ist ein schlechter Versuch, das ganze (Beethovens 9. Symphonie) auf Sepultura zu trimmen. Klar, ganz lustig, aber hat einfach nichts auf einem Album verloren.
Pluspunkte sind, das 16 Songs in Spielzeiten von 1 1/2 bis 4 Minuten vorhanden sind und die Songs nicht unnötig aufblähen. (Sadistic Valus knapp 7 Minuten und Ludwig van rund 5 Minuten)
Das größte Manko ist aber, dass die meißten Songs von Gitarrenanfängern hätten geschrieben sein können… Nichts gegen Primitivität, aber wenn ich mir schon Riffs wie bei Moloko Mesto anhören muss, zweifel ich am Legendenstatus dieser Band. Da hilft es auch nicht, dass mehrmals im Digi oder Inlay "1/4 of a century" steht. Im Gesamten echt schade, was aus Sepultura geworden ist, zumal Dante recht erfrischend war und auch coole Songs beinhaltete und ich diese noch heute sehr gerne anhöre. A-Lex macht ztwar nicht viel anders, aber auch viel falsch. Nur 5 Punkte, dennoch sind Filthy Rot (der Refrain ist echt mal eine witzige Sache), The Treatment (endlich mal wieder ne coole Groovesau) und Conform (der Tempowechsel sagt mir sehr zu) starke Songs.
Das Album ist außerdem sehr schwierig anzuhören, weil ein Großteil der Songs sehr ähnlich klingt und nicht wirklich ausgefeilt ist.
Dennoch ganz okay das Album, aber man darf im Voraus keine hohen Erwartungen stecken.
Der ewiglich zum Gähnen provozierende Cavalera-Vergleich lässt den Rezensenten als gesichtslosen Top 100 Redakteur da stehen. Wer Cavalera möchte der hört sich einfach nur und ich meine NUR! die Roots an alles andere was im Rahmen von Soulfly/C.Conspiracy verbrochen wird ist ärmliches copy and paste aus dem Jahre 1996.