Ich gebe es zu: Höchstwahrscheinlich hätte mich der Name SEIGMEN allein nicht aufhorchen lassen; nicht einmal der Name ZEROMANCER, der durch die große personelle Schnittmenge eng mit SEIGMEN verknüpft ist, hätte mich (wenngleich bekannt) motiviert, mir das neue Album „Enola“ anzuhören… Wäre da nicht die Cover-Version von „Ohm (Sommar med Siv)“ gewesen, die die latent suizidalen Schweden von SHINING auf „VI: Klagopsalmer“ veröffentlicht hatten. Jenes Cover war mir im Gedächtnis geblieben, da (auch?) die DSBM-Variante den musikalischen Gehalt und die vermeintliche feine Melancholie des Originals nicht verleugnen konnte.
Jetzt sitze ich hier also, mit der Diskografie SEIGMENs nicht im Geringsten vertraut (ich habe mir das Original zu „Ohm (Sommar med Siv)“ bis heute nicht angehört!) – und taste mich mit „Enola“ in die ungewohnte musikalische Welt der Norweger… und ich muss sagen: Ich fühle mich wohl hier! Es hat ein Weilchen gedauert – so zwei bis drei Durchläufe haben die zehn Songs benötigt -, aber nach und nach finde ich mich im Kosmos SEIGMENs zurecht und entdecke viele feine Details, die fernab der vermeintlich gewohnten Metal-Kost agieren und „Enola“ zu einem rundum gelungenen Album machen.
Den gerade geschilderten Hintergründen ist es auch zu verdanken, dass mir keine „historische“ Einordnung „Enola“s gelingen kann – ich bin also gezwungen, die knapp 52 Minuten werk-immanent zu beurteilen. Das macht aber gar nichts, denn „Enola“ kann weitgehend problemlos für sich stehen und sicher viele Anhänger melancholischen Rocks, die sich nicht gegen die Verwendung elektronischer Elemente sträuben, überzeugen.
SEIGMEN sind dabei mehrheitlich sehr treibend unterwegs, wie bereits die ersten beiden Songs „Hva vi Elsker“ und „Trøst“ demonstrieren: Grooviges Schlagzeug, melodische Gitarren, emotionaler Klargesang – all das riecht zunächst nach seichtem Rock, wie ich ohne Umschweige zugeben muss (weil ich es selbst erlebt habe, als ich mich mit „Enola“ anfreundete). Dass die Songs deutlich mehr Tiefe besitzen, eröffnet sich erst mit weiteren Durchläufen und – so seltsam ich selbst es finde – auch erst nach dem Rest des Albums. Mit „Tenn Alle Lys“ und „Hvit Stjerne Hvit Støy“ offenbart „Enola“ nämlich zwei wunderbar balladeske Songs, die der Dynamik des restlichen Albums erst ihren Sinn geben, einen sinnvollen Kontext verleihen.
Ich muss gestehen, dass ich selbst nicht ganz genau weiß, wie ich das gerade gemeint habe – in erster Näherung sehe ich vermutlich die beiden genannten Balladen als melancholischeren Pol, während der Rest „Enola“s mehr Zuversicht ausstrahlt, insgesamt positiver wirkt. Das heißt nun nicht, dass Songs wie „Utopia i Mine Armer“ oder „Til Verdens Ende“ Gute-Laune-Songs wären – nein, auch diese sind von einer feinen Melancholie durchzogen, die gerade in ihrer Subtilität so wirkungsvoll ist.
So ist „Enola“ als Ganzes ein Album, das musikalisch vielleicht nichts Außergewöhnliches zu bieten hat, in der Kombination seiner Elemente aber atmosphärisch stimmig und damit sehr reizvoll ist.
Vielleicht wäre es schlauer, wenn der Review nicht hauptsächlich vom Reviewer handeln würde.
Werde dennoch mal reinhören.