Große Ambitionen – ein wortloses Konzeptwerk
SEEMING EMPTINESS ist das Ein-Mann-Projekt von Kevin Möckel, das sich auf ein instrumentales Konzeptalben eingeschossen hat und dieses mit Post-Doom umzusetzen sucht. „Heavy Rain“ heißt dieser zweite Streich nach dem Debüt „Conversion“ und dreht sich um die selbstverschuldete Auslöschung der Menschheit, die in Stufen eingeteilt wird. Jeder Song soll für eine gewisse Phase dieser Vernichtung stehen, angefangen bei der Gier („Dispatched Fortune“) über den Zusammenbruch des Systems („Retrogression“) und dem daraus folgenden Krieg („Heavy Rain“) hin zum Punkt, wo die Menschheit sich selbst endgültig zerstört hat („Heirless“). Doch keimt aus der Asche der Menschheit neues Leben („Enliven The Dust“), sodass in gewisser Weise Hoffnung besteht.
Der drohende Untergang ist vor allem ein musikalischer
Das Konzept, das sich Mr. SEEMING EMPTINESS da ausgedacht hat, ist durchaus gelungen, die Musik, die dahinter steht, kann da leider nicht mithalten. Das fängt bei der wenig subtilen Produktion an, die „Heavy Rain“ qualitativ schon mal ein gutes Stück herunterzieht. Das Schlagzeug ist sehr dumpf abgemischt und viel zu präsent, was den Gitarren die Durchschlagskraft raubt. Diese sind wiederum zwar knackig abgemischt, haben aber leider nicht den richtigen Punch. Schlimmer noch: Lead- und Rhythmus-Gitarre sind passagenweise nicht unterscheidbar. Das Ergebnis, etwa bei „Retrogression“ zu beobachten, ist ein hässlicher Distortion-Matsch, in dem auch der Bass fast komplett untergeht.
Leider reißt es das Songmaterial nicht ganz heraus. An den immergleichen, von Moll-Harmonien durchzogenen Melodien, mit denen SEEMING EMPTINESS den Hörer förmlich bombardiert, hat man sich nach spätestens zwei Tracks satt gehört. Und auch wenn es im Verlauf des Albums durchaus bergauf geht, ändert sich daran nur geringfügig etwas. Gefühlt ist jeder Song nach dem gleichen Schema gestrickt: Die Musik stampft gemächlich dahin, die Rhythmus-Gitarre liefert die Harmonien, die Lead-Gitarre steuert melancholische Linien bei. Zweifellos kompetent gespielt und mitunter auch sehr unterhaltsam, überzeugen die Songs leider nur in Teilen. Einzelne Melodien gehen tatsächlich unter die Haut, aber da wäre so viel mehr drin gewesen.
Es gibt Lichtblicke, es gibt Hoffnung
Interessante Wendungen ereignen sich vergleichsweise selten – aber es gibt sie und sie retten das Album gerade so ins qualitative Mittelfeld. Aus der Trackliste stechen der Titeltrack und das folgende „Red Glowing Light“ besonders hervor. Gegen Ende von „Heavy Rain“ – in den letzten 50 Sekunden des Siebenminüters – findet mal tatsächlich eine eindrucksvolle, musikalische Eruption statt. Das folgende „Red Glowing Light“ fügt sich konzeptionell nahtlos an und stellt die verstörende Ruhe nach dem Krieg dar, inklusive schöner Reverse-Gitarre, die was von RUSHs „Xanadu“ hat. Dem folgt ein wahrhaft gelungener Stimmungswechsel, der den Hörer wirklich mitzureißen vermag. Nach diesem Umschwung hätte der Song aufhören sollen, doch zieht er sich noch über knapp drei Minuten dahin. Und hier langweilt SEEMING EMPTINESS den Hörer mit musikalischem Füllmaterial. „Obscure Pulse“ überrascht dann noch mal mit einem aggressiven, rasenden Thrash-Part in der zweiten Hälfte, der zumindest mal kurz die rhythmische Eintönigkeit aufbricht. Alles in allem gibt es keinen Übersong, aber es gibt Passagen, die zeigen, dass Möckel ordentlich was auf dem Kasten hat.
SEEMING EMPTINESS bietet ein frustrierendes Hörerlebnis
Diese massiven, qualitativen Schwankungen machen „Heavy Rain“ zu einem geradezu frustrierenden Album, es spült seine Hörer mit Monotonie nur so hinweg, und doch blitzt hier und da dieser Funke Genialität auf. Leider ist das musikalische Storytelling mit Ausnahmen praktisch nicht vorhanden; wüsste man nicht, dass es sich um ein Konzeptalbum handelt, würde es auch nicht weiter auffallen. Aber mit diesem Wissen fällt „Heavy Rain“ umso enttäuschender aus, da Möckel effektiv an seinen eigenen Ansprüchen scheitert.
Im Großen und Ganzen fehlt es „Heavy Rain“ an Kontrasten, an Dynamik und an Subtilität. Hier sollte Möckels SEEMING EMPTINESS also ansetzen, um nicht in die tatsächliche Leere abzudriften…
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