Seelenschnitt - Einblick In Die Innenwelten

Review

Eins muss man Samael, dem alleinigen Betreiber SEELENSCHNITTs lassen: Er setzt seinen Weg trotz erheblichen (und berechtigten) Gegenwinds unbeirrt fort und legt sein neuestes Werk sogar metal.de zur Rezension vor (mir fallen spontan drei Bands oder Projekte ein, die kritische Worte meinerseits zum Anlass nahmen, metal.de überhaupt nicht mehr mit Promos zu versorgen…). Vielleicht ist der junge Mann aber auch nur masochistisch veranlagt…

Um es nämlich vorweg zu nehmen: „Einblick in die Innenwelten“ ist immer noch Lichtjahre davon entfernt, eine gute oder auch nur annähernd passable Veröffentlichung zu sein – eine zweihundertprozentige Steigerung zur EP „4571-12571“ ist es trotzdem (was potentiellen Hörern ein ungefähres Gefühl dafür geben dürfte, was für ein Totalausfall genannte EP war).

Ich lehne den Einstieg in die Beschreibung des vorliegenden Fünf-Song-Demos (welches Samael eigener Aussage zufolge tatsächlich nutzen will, um sich „ein Label zu angeln“!) mal an mein letztes SEELENSCHNITT-Review an und beginne mit einem Zitat:

Man begeht selten eine Übereilung allein. In der ersten Übereilung tut man immer zu viel. Eben darum begeht man gewöhnlich eine zweite – und nunmehr tut man zu wenig…“ (Friedrich Nietzsche, Götzendämmerung, Sprüche und Pfeile Nr. 30)

Genau diese zweite Übereilung stellt „Einblick in die Innenwelten“ dar: War „4571-12571“ extrem sperrig und von unkonventionellen Motiven und unkonventionellem Sound (um es mal SEHR vorsichtig und euphemistisch auszudrücken) geprägt, sind die neuerlichen 50 Minuten geradezu gefällig: Billig klingende Synthesizer, die leicht eingehen und mich an sehr SEHR frühe LACRIMOSA erinnern; einfache programmierte Schlagzeug-Patterns, die ich dieses Mal sogar als Schlagwerk identifzieren kann; einfachste Gitarren-Motive. Der Anfang von „Die falsche Hexe“ erinnert mich sehr an DAS ICHs „Ein Tag vergeht“, selbstverständlich ohne dessen Klasse zu erreichen – weder textlich noch musikalisch.

Insgesamt ist SEELENSCHNITT in den fünf Songs also eher in synthetischen Bahnen unterwegs (das Spinett zwischendurch soll wohl an Bach-Fugen erinnern – ha!), das schwarze Metall ist höchstens noch fragmentarisch vertreten. Apropos: Fragmentarisch sind die Stücke nach wie vor; Dynamik, Dramaturgie und Spannung sind nach wie vor Fremdworte für den Alleinunterhalter.

Die Krönung (Achtung, Ironie!) des Machwerks ist allerdings der „Gesang“, der zwischen erträglichem Flüstern und unauffälligen gesprochenen Passagen auch einige (Verzeihung!) hundsmiserable Clean-Passagen enthält und wie das i-Tüpfelchen auf einem weiteren miesen Tondokument SEELENSCHNITTs wirkt.

Der echte Höhepunkt – und der einzige Moment des Demos, der mich aufhorchen ließ! – befindet sich im Song „Mein gelbes Zimmer“ und besteht aus einem echt passablen nordisch-schwarzmetallischem Riff, das leider genauso schnell verschwindet wie es auftaucht. Allein dafür gibt’s aber den dritten Punkt – auch ein Anhaltspunkt für die musikalische Qualität dieser Veröffentlichung.

02.12.2012
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