Stolze sechs Jahre nach ihrer letzten Veröffentlichung melden sich SEAR BLISS endlich mit neuem Material zurück. Das neunte Album der ungarischen Atmospheric Black Metaller um Multiinstrumentalist und einzig verbliebenes Ur-Mitglied András Nagy hört auf den Namen „Heavenly Down“ und knüpft sowohl musikalisch als auch mit dem schicken Artwork von Stammkünstler Kris Verwimp an die eigene Vergangenheit an, blickt aber auch in die Zukunft.
SEAR BLISS blicken nach vorne und zurück
Das wichtigste Alleinstellungsmerkmal von SEAR BLISS ist nach wie vor der prominente Einsatz der Posaune. Das Blasinstrument ist seit jeher ein zentraler Bestandteil im Klangbild der Ungarn, übernimmt oft eine tragende Rolle und ist für so manchen epischen Moment verantwortlich. Neben dem Bläsereinsatz und breiten Keyboardteppichen haben SEAR BLISS ihren überwiegend im Midtempo angesiedelten Black Metal außerdem schon länger um Bausteine aus Progressive Metal und Post-Rock erweitert, die sie auf „Heavenly Down“ sogar noch weiter ausbauen.
Schon beim Opener „Infinite Grey“ mündet nach einer opulenten Eröffnung mit reichlich Tremolo und Blastbeats eine epische Fanfare in einer verträumten Bridge. Diese wiederum leitet in eine Passage mit modernen, progressiven Riffs und Drumpatterns über, bevor der Black Metal zur Mitte hin wieder mit voller Wucht das Szepter übernimmt. Verbindende Elemente in diesem musikalischen Wechselbad sind die sphärischen Keyboards und Synthesizer, András Nagys krächzender Gesang und natürlich die majestätische Posaune. Das folgende „Watershed“ wiederum verzichtet abseits des Gesangs sogar gleich ganz auf Black-Metal-Einflüsse und präsentiert sich als melancholische, sich langsam aufbauende Progressive-Metal-Nummer, bei der erneut flächige Keyboards und moderne Gitarrenarbeit das Gesamtbild bestimmen.
In ähnlicher Form geht es weiter; Stücke wie „The Upper World“ und der Titeltrack setzen auf ein Wechselspiel aus atmosphärischem Black Metal, Progressive Metal und kleinen verträumten Exkursen, während das anfangs richtiggehend shoegazige „The Winding Path“ den schwarzmetallischen Anteil erneut auf ein Minimum reduziert und erst gegen Ende aus sich herausrausgeht. Ein besonderes Sahnehäubchen gibt es gegen Ende des Albums mit dem treibenden, schwer groovenden und doch gleichermaßen epischen „Chasm“, bei welchem SEAR BLISS die verschiedenen Zutaten in genau der richtigen Abwägung vermengen.
„Heavenly Down“ hat ein paar Längen
Durch die Bank weg gelingt das den Ungarn leider nicht. Denn der Sound von SEAR BLISS ist durch die zahlreichen verschiedenen Stilelemente zwar überaus markant, bisweilen gefällt sich die Truppe in ihrer avantgardistischen Herangehensweise aber etwas zu sehr. Und so schleichen sich grade bei ausgedehnten Ambient-Passagen gewisse Längen ein, besonders beim rein instrumentalen „Forgotten Deities“ können einem schon mal die Füße einschlafen. Doch auch bei einigen anderen Stücken ist es in solchen Momenten immer wieder die Posaune, die Akzente setzt und die Songs kurz vor eintretender Langeweile doch noch aus der Beliebigkeit in die Erhabenheit rettet.
Kurzum: Das Bestreben, trotz ihres ohnehin schon immer recht ungewöhnlichen Ansatzes nicht auf der Stelle zu treten, ehrt SEAR BLISS und funktioniert streckenweise auch ganz gut. Beim nächsten Mal dürfen die Ungarn aber dennoch wieder etwas kompakter und gerne auch robuster komponieren, denn bei aller atmosphärischen Dichte hat „Heavenly Down“ bisweilen Schwierigkeiten, so richtig aus dem Quark zu kommen.
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