Scraps Of Tape - Sjätte Vansinnet

Review

Post-Rock hat in Schweden eine lange und ruhmreiche Tradition. Das macht es für aufstrebende Formationen heutzutage natürlich nicht unbedingt leichter, sich im undurchdringlichen Gestrüpp stilistisch meist ähnlich gelagerter skandinavischer Gruppen zu profilieren. Zumal es manchmal gar nicht an der Qualität der Musik scheitert, sondern schlicht und ergreifend daran, außerhalb der Landesgrenzen nennenswerte Beachtung zu finden. SCRAPS OF TAPE aus Malmö sind ein solcher Fall. Trotz mehrerer Alben und diverser Touren, unter anderem in Japan und bis vor kurzem auch in unseren Landen, ist der Fünfer bestenfalls als Geheimtipp zu bezeichnen.

Zu Unrecht, denn die Schweden bieten auf „Sjätte Vansinnet“ eine durchaus spannende und individuelle Interpretation des Genres. Verantwortlich dafür sind Stilmittel wie der spärlich eingesetzte, aber sehr markante Gesang, das breite dynamische Spektrum der Kompositionen sowie die überwiegend positive Grundstimmung der Melodieführung, die dem Ganzen einen erfrischend optimistischen Anstrich verleihen. Wirklich verzweifelt und depressiv – wie es viele artverwandte Kollegen tun – klingen SCRAPS OF TAPE nur ganz selten.

Der Opener „We, The Leftheaded“ beginnt Gentre-untypisch in sehr direkter Manier, die luftigen Gitarren formen dabei das hingebungsvolle Hauptthema, das sich bereits nach kurzer Zeit mit Nachdruck im Gedächtnis festsetzt. In der Folge nimmt sich der Song dann merklich zurück und rückt den Gesang auf rhythmisch geprägtem Strophen-Fundament in den Vordergrund. Dabei dürfte das Organ von Marcus Nillsson (Gitarre, Gesang) wahrscheinlich nicht jeden begeistern – allerdings lässt sein gelegentlich an Arnór Dan Arnarson (AGENT FRESCO) erinnernder, eigenwilliger Stil eine Menge Charme und Hingabe erkennen.

Im Anschluss fällt das rein instrumental dargebotene „Fuga“ etwas ab – nach dem energischen Beginn des Tracks sorgt vor allem ein ziemlich holprig vorgetragener Tempowechsel für Stirnrunzeln. In der Folge kann sich die Nummer zwar steigern, ist letztlich aber einfach nicht so packend wie das restliche Material.

Denn: Was SCRAPS OF TAPE in den anschließenden 29 Minuten veranstalten, ist beängstigend stark: „Hands In Hands“ beispielsweise kann mit unterschwelligem OCEANSIZE-Flair und dezenter Indie-Rock-Schlagseite überzeugen (Wunderbar auch: die energischen Anschläge der Akustik-Klampfe im treibenden Mittelteil). Aber auch das wiegende „Teardrop Fucking Dropkick“ und das intensive „Vultures With High Heels“, das von brachialer Epik bis hin zu tänzerischer Leichtigkeit die gesamte Spannweite des Genres abdeckt, reißen mit.

Das folgende „Amongst Haters“ ist vielleicht einer der stärksten Post-Rock-Songs, die je geschrieben wurden – wie hier eindringliche, fast schon ruppige Gitarren-Wände, ergreifende Melodien und durchdachte Dynamik zusammengebracht werden, verdient allerhöchsten Respekt. Schließlich, nach dem starken Instrumental „Once We Here“ und dem verkopften „Log Cabin“, erfolgt das insgesamt sehr nachdenklich gehaltene Finale. Dabei bringt das zerbrechlich beginnende, entfernt an KHOMA erinnernde „A Neverending“ alsbald den wohl emotionalsten Moment der Scheibe hervor („Into your darkness we’re falling…“). Aber auch das abschließende „Alla Utom Jag Måste Dö“ mit seinem wuchtigen Schlusspart und abruptem Ende gehören definitiv zum Besten, was das Jahr im Bereich Post-Rock bislang zu bieten hat.

Der für meinen Geschmack etwas unspektakulär geratene Auftakt der Scheibe verhindert letztlich eine absolute Top-Wertung. Dennoch legen SCRAPS OF TAPE mit „Sjätte Vansinnet“ ein wirklich gelungenes Album vor, das bei der Endabrechnung zur Genre-Hitliste 2014 ein deutliches Wort mitreden dürfte. Hier könnt ihr euch die komplette Scheibe anhören.

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07.04.2014

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