

Unter "Blast From The Past" erscheinen jeden Mittwoch Reviews zu Alben, die wir bislang nicht ausreichend gewürdigt haben. Hier gibt es alle bisher erschienenen Blast-From-The-Past-Reviews.



In unserer Jubiläumsserie zu den klassischen SCORPIONS-Alben im Blast From The Past übergibt Kollege Fenske nun den Staffelstab der Generationen an das zweitjüngste Redaktionsmitglied. Am Enthusiasmus gegenüber Hannover’s Finest ändert das nichts. Nachdem “Virgin Killer” durch sein katastrophales Artwork schlechter aufgenommen wurde, als es die Musik sicher verdient hätte, entwickeln sie sich auf “Taken By Force” ein gutes Stück weiter und erschaffen eines ihrer besten Alben der Siebziger – der Nachfolger “Lovedrive” dürfte bei vielen ebenso hoch im Kurs stehen.
Das letzte Album der SCORPIONS mit Uli Jon Roth
Kurioserweise entfacht auch das Artwork von “Taken By Force” Kontroversen. Im Gegensatz zum kinderpornografischen Desaster des Vorgängers passiert dies allerdings aus weniger nachvollziehbaren Gründen. Statt die sinnvolle Kritik hinter den Kindern, die auf einem Militärfriedhof spielen, zu sehen, wird sich vor allem in den USA viel eher daran gestört, dass auf Krieg und die Rolle von Kindern darin angespielt wird. Erneut wird das Album in einer alternativen Version von einem schlichten Bandfoto geziert. Zudem ist “Taken By Force” ein Scharnier in der Diskografie der SCORPIONS, weil es das erste Album mit dem langjährigen Drummer Herman Rarebell und das letzte mit Jahrhundertgitarrist Uli Jon Roth ist.
“Taken By Force” ist möglicherweise das SCORPIONS-Album der Siebziger mit der größten Hitdichte. Mit “Steamrock Fever” und “He’s A Woman – She’s A Man” sind die knallharten straighten Rocker gleichzeitig die großen Klassiker des Albums. Letztgenannter Songs sollte sich zudem als sehr einflussreich für den späteren Speed Metal erweisen. Die Roth-Signature-Nummer “The Sails Of Charon” ist natürlich ebenfalls ein überlebensgroßer Klassiker, der wiederum von zahlreichen Okkult-Rock-Kapellen angebetet wird. Leider wird der Song von den SCORPIONS nicht mehr live gespielt, wobei Roth auf Solo-Shows die Nummer natürlich noch im Programm hat.
Bemerkenswert ist außerdem “We’ll Burn The Sky”. Der ergreifende, epische Song wurde von Roths Ehefrau Monika Dannemann über Jimi Hendrix, dessen letzte Partnerin sie 1970 war, geschrieben. Es ist ein intimer Song über Verlust und Liebe, die über den Tod hinaus geht, gesungen von einem Klaus Meine in der Form seines Lebens. “I’ve Got To Be Free”, “The Riot Of Your Time” und das mit einem lächerlichen Titel versehene “Born To Touch Your Feelings” sind nicht ganz so auffällig wie die bereits genannten Nummern, aber auch keine Füllnummern. Insbesondere die beiden erstgenannten Songs – abermals Roth-Kompositionen – machen deutlich, wohin seine Reise nach den SCORPIONS mit ELECTRIC SUN gehen sollte.
Das Masterpiece der Siebziger?
Fakt ist, mit “Taken By Force” fanden nicht nur die SCORPIONS der Siebziger einen Höhepunkt, sondern auch das Line-up mit Uli Roth. Den rasant ansteigenden internationalen Erfolg der Band sollte das nicht negativ beeinflussen, wie das folgende Live-Dokument “Tokyo Tapes” eindrucksvoll demonstrierte – fast fünfzig Jahre später immer noch eines der besten Live-Alben im Metal überhaupt. Allerdings konnte die Band mit der einstweiligen Rückkehr von Ur-Gitarrist Michael Schenker bzw. der endgültigen Hinzunahme von Matthias Jabs und einer weiteren stilistischen Straffungskur in den bald dämmernden Achtzigern ihre erfolgreichste Ära einleiten und wurde von einer wirklich harten Rock-Band zur größten und wichtigsten Metal-Band der BRD.
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