Die SCORPIONS machen weiter. Immer weiter. Mit „Return To Forever“ erscheint dieser Tage ihr 180. Album und der Titel ist ernst gemeint. Dies ist zu begrüßen in einer globalisierten Welt ohne verlässliche Konstanten. Um einen angemessenen Rahmen zu schaffen, sei daher einleitend darauf hingewiesen, dass Klaus Meine, Rudolf Schenker und Matthias Jabs jüngst in besonderer Weise geehrt wurden: In der Galerie Herrenhausen bekamen sie den Staatspreis des Landes Niedersachsen verliehen. Die Laudatio hielt Bundeskanzler a. D. Gerhard Schröder. Metal.de zitiert:
„Liebe SCORPIONS,
durch Rock tat Niedersachsen
der Provinz schnurstracks entwachsen.
Auch habt ihr Schland erweitert,
ließt die Mauer kippen.
Ohne Klaus‘ gespitzte Lippen,
da wär‘ The Hoff gescheitert.
Hier, der Staatspreis. Geil, ne?“
Jawohl. Und „Return To Forever“? Auch geil? Auf jeden Fall ist festzuhalten, dass die Rock-Dichte innerhalb der Songtitel weiter hoch ist. Ähnlich wie ihre Altersgenossen von AC/DC gehen die SCORPIONS schon auf dem Backcover auf Nummer sicher. Plusterten sich auf dem Vorgänger „A Sting In The Tail“ vier Tracks mit dem königlichen „Rock“ im Namen auf, so sind es auf „Return To Forever“ immerhin noch satte drei. Und im Großen und Ganzen riffen sich die SCORPIONS im Jahr ihrer güldenen Hochzeit auch wirklich recht amtlich durch ihr neues Werk. Die zum Teil auf Jahrzehnte alten Ideen basierenden Stücke haben nichts mehr mit den Kukident-Kapriolen des vergangenen Jahrzehnts zu tun – allerdings auch nichts mit der inspirierten Frühphase, die parallel von ihrem EX Uli Jon Roth reanimiert wird.
Einigermaßen authentisch wird (neben den zähneziehenden und hier bewusst ungenannten Balladen-Bonbons) allerdings an den damals sukzessive breitbandiger werdenden Rock der 80er und frühen 90er angeknüpft: Der großmäulige Einstieg „Going Out With A Bang“ und „All For One“ stampfen fett im Midtempo voran, „Rock My Car“ fönt einem mit seinem überdimensionalen Ohohohohoho-Chor das Resthaar zurecht, „Rock’n’Roll Band“ gibt einem per Bratgitarre immer schön links, rechts, links auf die Backen und bei der Stadion-Hymne „Catch Your Luck And Play“ zerdrückt man vor lauter Enthusiasmus das geschwenkte Smartphone in der Rock-Faust. Zumindest die Genannten hätten (mit einem Schüsschen mehr Frische vielleicht) hart und catchy, mitunter gar sleazy so auch auf irgendeinem der Ergüsse zwischen „Animal Magnetism“ und „Crazy World“ stehen und bestehen können. Und auch die mit nachdenklichem Grundthema versehene Halbballade „House Of Cards“ weiß zu überzeugen.
Schenker und Jabs ziehen über die gesamte Distanz an der Gitarre alle Register zwischen klassischen, eher geerdeten Rockriffs, metallischen Spitzen und perlenden Soli. Und Klaus Meine singt mit 66 Jahren dynamisch und glockenklar wie eine halbstarke Nachtigall. Wer immer Aussprache und Inhalt der Vocals moniert – rein klanglich kann dem guten Mann keiner was! Die SCORPIONS sind bei aller Vorhersehbarkeit noch hungrig.
„Return To Forever“ ist passenderweise alles in allem cheesy wie die große Vier-Käse-Special und dabei typisch skandinavisch mit einem ordentlichen Pfund AOR-Zucker produziert – dieses Gelage macht Laune und satt! Schon ganz geil also – wenn man sich nicht permanent von so etwas ernährt. Und wer solcherart akustische Ernährung nicht gewohnt ist, wird ohnehin wie gehabt mit gekräuseltem Trommelfell zu natürlicherer Ernährung greifen. Dennoch – wohl bekomm’s!
P.S.: Einer der besten Songs des Albums ist das hymnische „One And One Is Three“. Dieses ist der ominöse „MSD Bonus Track“ (s. Tracklist). Es gibt noch sechs weitere Stücke, die nicht auf der Normalversion gelandet sind. Das Produkt gibt es als CD, Deluxe-CD, Vinyl, Limited Collector’s Box und in diversen weiteren digitalen und physischen Konfigurationen. Der Markt will es so. Er hat uns Wohlstand und Frieden gebracht.
Haha, bin zwar alles andere als ein Scorpions-Fan, aber Protzak schreibt 10 mal lässiger und witziger als das man das von einer Metal-Site erwartet…Geil!!
Moinsen, ich bin ja echt kein Scorpions-Fan, aber laut meiner Recherche sind es 20 Alben. Vielleicht sind ja alle jemals veröffentlichten Singles und was-weis-ich mit dabei. Ansonsten sind 4 Alben im Jahr, +/- 1 ein beachtlier Schnitt, Respeeekt! Kann mir hier mal ein Admin etwas Nachschulung geben in Sachen Hardrock?
Danke im Voraus
Der Chris
Ich bin selbstverständlich kein Scorpions-Fan, daher beruht die Anzahl der Alben auf einer groben Schätzung. Streng genommen darf die Null aber natürlich gestrichen werden.