Scorpions - Humanity - Hour 1

Review

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Es war vor einem Vierteljahrhundert, Baby-Stendahl war gerade zum Junior mutiert, da entdeckte er über einen Spielgefährten „Tokyo Tapes“, das legendäre Live-Album des damaligen deutschen (Hard-)Rock-Aushängeschilds mit Namen SCORPIONS. „Into The Rock“ hieß es da druckvoll im Song „Pictured Life“, „We’ll Burn The Sky When It’s Time For Me To Die“ war superb phrasiert und der Refrain von „He’s A Woman – She’s A Man“ war eines der zahlreich vorhandenen Highlights dieses oft und immer wieder gern gehörten Albums. Daraufhin kamen schnell „Lovedrive“, „Animal Magnetism“ und „Dynamite“ dazu, allesamt mit seinerzeit durchaus für gut befundenen Songs bestückt; man denke an „The Zoo“, „Dynamite“ oder „Another Piece Of Meat“. Als jedoch die Hinwendung zum charttauglichen Balladenrock („Still Loving You“, „Wind Of Change“) erfolgte, flaute die Begeisterung ab, und zwar merklich. ANVIL, EXCITER, VENOM oder MOTÖRHEAD waren lauter, härter, schneller, von Di Anno-MAIDEN, SAXON oder METALLICATZ gar nicht erst zu reden. Und so wurde den Alben seit Ende der Achtziger nicht mehr sonderlich viel Aufmerksamkeit seitens des Schreibers zuteil. Nun also eine neue Scheibe, die laut Band reif, selbstbewußt, das stärkste Album seit „Crazy World“ (warum messen sie sich ausgerechnet an einem kommerziell erfolgreichen, jedoch musikalisch schwachen Album?) und das live ein Kracher sein soll, das schreit geradezu nach genauester Inspektion…

„Humanity – Hour 1“ nun nennt sich das neue Opus der SCORPIONS, ein Konzeptalbum, mit dem die Band „mal wieder gegen den Strom schwimmt“, textlich wie musikalisch, so Rudolf Schenker. Gut gebrüllt, Löwe! Denn wann zuletzt taten die Scorpione das? Wenn, dann passt das Wort „Mainstream“ in den letzten 15 Jahren ja wohl auf diese Combo, oder? Und Desmond Child als Producer (u.a. ALICE COOPER, BON JOVI und MEAT LOAF) trägt auch nicht gerade dazu bei, nun Nonkonformismus oder eine Rückbesinnung auf alte Tugenden bei den Hannoveranern zu erwarten. Aber warten wirs ab: „Hour 1“ beginnt gitarrenlastig, fast ein wenig Nu Metal, dann die gewohnte Stimme, hell, hoch, unterstützt von groovigen, wenig sensationellen Melodielinien. „The Game Of Life“ ist dann schon eine Ballade, modern, seltsam steril, nicht berührend, der Refrain klingt nach BON JOVI. Mit „We Were Born To Fly“ folgt gleich die nächste harmlose Schnulze, ohne Kanten, glattgebügelt, nichts da mit „gegen den Strom schwimmen“. Letztlich macht es ja auch mehr Spaß (und weniger Aufwand), mit Limousine vorzufahren, Sonnenbrille und Schirmmütze keck ausgerichtet und ein Konzert nach Blaupause emotionslos herunterzuleiern. „The Future Never Dies“ zeigt uns, dass das Album nur aus Balladen besteht, Klavier, die fortwährend gleiche Meine-Phrasierung; allein das Flair von „We’ll Burn The Sky“, wo ist es geblieben? Diese ausgelutschten Refrains möchte zumindest ich nicht hören, daher „skip“ und „You’re Lovin‘ Me To Death“ angespielt, wenigstens Gitarren, langweilige allerdings. Also weiter zu „321“, der Song ist auch dermaßen ungut, „Ready To Rock“ ist ein Refrain, den ich nicht mehr dulde, es sei denn von BLUE ÖYSTERCULT.

„Love Will Keep Us Alive“ ist selbsterklärend, ein weiterer Schmachtfetzen, irgendwie sind sie wirklich sehr alt geworden, anstrengend unangestrengt soll das herüberkommen und anscheinend mit dem Leben aussöhnen; „We Will Rise Again“ beginnt härter, dann wieder… lassen wirs einfach. Die Scheibe ist uninspiriert, immer die gleichen kitschigen Refrainlinien, Mainstream par excellence, nirgendwo kann man einhakeln, es ist Musik für jene Unverbesserlichen, die den langatmigen Solo-Eskapaden von ULI JON ROTH oder MICHAEL SCHENKER noch etwas abgewinnen können. Oder PUR. Oder GRÖNEMEYER, nur der ist härter, definitiv. Es gibt kein einziges interessantes Lick, Hook oder Riff, das erwähnenswert wäre. Wer die SCORPIONS auf dem Zenit ihres Schaffens hören will, der höre die obengenannten Alben und natürlich den Übersong „The Sails Of Charon“ von „Taken By Force“, da waren sie noch jung, spontan, nicht auf das Füllen großer Arenen und Seniorabzocke aus, da konnten sie was, und wie. Dafür gebührt ihnen angemessene Anerkennung. Das neue Album „Humanity – Hour 1“ wird sich sicher wieder wie geschnitten Brot verkaufen; auf etwas anderes wurde der vom Marketing verschleierte Blick auch nicht gerichtet. Ach ja, die Swing-Stelle ganz am Ende, die an BIX BEIDERBECKE erinnert, diese 10 Sekunden gefallen gut.

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3 Kommentare zu Scorpions - Humanity - Hour 1

  1. der baron sagt:

    kenne die alten nich aber das brauch ich wohl auch nich. nur langweilig. hab gelesen das sind gitarren am werk, wo denn?

    2/10
  2. major5 sagt:

    Interessante, aber etwas ungerechte Bewertung.Wer die Love at first sting Zeiten schon als kommerziell empfindet, kann sicher weniger objektiv sein. Kurz: vergessen wurden in der Bewertung die wirklich gelungene Melodien auf diesem Album, einfach ein paar Mal hören, dann wird es immer besser. Abgesehen davon,eigentlich waren die letzten 15 Jahre der Scorps wirklich grauenhaft, daher habe ich das Album nur durch das ständige Hören bei jemand anderem kennengelernt. Aber es ist wirklich gut, die Band klingt nicht im entferntesten wie eine alte Rockband, Respekt!

    8/10
  3. JüZe sagt:

    TOP, einfach klasse!

    10/10