

Unter "Blast From The Past" erscheinen jeden Mittwoch Reviews zu Alben, die wir bislang nicht ausreichend gewürdigt haben. Hier gibt es alle bisher erschienenen Blast-From-The-Past-Reviews.



Obwohl “Animal Magnetism” nicht ganz so stark wie “Lovedrive” und “Taken By Force” war, befinden sich die SCORPIONS zu Beginn der Achtziger auf einem unvergleichlichen Erfolgskurs. Sie avancieren zur international erfolgreichsten und renommiertesten harten Rock-Band aus Deutschland und beeinflussen nahezu alle anderen einheimischen Metal-Bands der Achtziger von ACCEPT bis HELLOWEEN. Zudem fungieren sie mit ihrem eingängigen Sound und ihren… ähm, schlüpfrigen Texten als Ideengeber für die bald aufkeimende Hair-Metal-Szene aus L. A. – und das, obwohl bei Klaus Meine und Co. die Haarlinien zu Zeiten von “Blackout” schon langsam, aber deutlich zurückgehen!
“Blackout” – Die Blaupause der SCORPIONS?
Die Stärke des Albums liegt aber natürlich nicht in irgendjemandes Haarpracht. Sie besteht darin, dass Rudolf Schenker seine geradlinigen, höchst effektiven Riffs noch weiter perfektioniert hat und eine unglaubliche rhythmische Präzision vorgibt, die von Bassist Francis Buchholz und Drummer Herman Rarebell mit perfektem Groove unterstützt wird. Klaus Meine singt so und kraftvoll wie seit “Taken By Force” nicht mehr. Das grenzt an ein Wunder, hatte der Sänger doch kurz vor den Aufnahmen seine Stimme so weit verloren, dass die SCORPIONS zunächst einige Sessions mit Don Dokken von, nunja, DOKKEN ansetzen – bis alle Beteiligten einsehen, dass ein Weitermachen ohne Meine keinen Sinn hat.
Indes schüttelt sich Rudolf Schenker als alleiniger Songwriter nahezu ausschließlich Songperlen aus dem Ärmel. Ob es der treibende, eröffnende Titelsong; die Überhymne “No One Like You”; das schnellere “Now!” oder der Stampfer “You Give Me All I Need” ist – besser und zwingender waren die SCORPIONS im Grund nur auf dem noch besseren, aber etwas kommerzielleren Nachfolger “Love At First Sting”. Selbst das ruhige “When The Smoke Is Going Down” weiß zu überzeugen. Einzig “Can’t Live Without You” erweist sich auf Dauer als zu platt und mit “Arizona” wollten die Hannoveraner ein wenig zu sehr den US-Pop-Rock-Markt sprengen. Fällt aber durch die überdurchschnittlich starken sieben anderen Nummern überhaupt nicht auf.
“Blackout” gehört in jede Heavy-Metal-Sammlung
Wer sich immer schon gefragt hat, warum ausgerechnet die “Wind Of Change”-Nervensägen auch unter jüngeren Fans so einen absurden Kultstatus genießen und von unzähligen Metal-Bands als Einfluss genannt werden, wird die Antwort in “Blackout” finden. Es zeigt eine Band, die zur Entwicklung des gesamten Genres massiv beigetragen hat, auf dem noch bis zum Nachfolger andauernden Höhepunkt ihrer Karriere und Kreativität. Dass die Scheibe von Dieter Dierks abermals fantastisch produziert wurde, muss fast genauso wenig erwähnt werden, wie die Tatsache, dass Matthias Jabs nun endgültig auf internationalem Eddie-Van-Halen-/George-Lynch-Niveau angekommen ist. Doch genau wie die Tatsache, dass das Cover zwar erneut etwas skurril ausfällt, aber schon mal nicht im gleichen Maße wie vorher für Kopfschütteln sorgt und sogar ein bisschen Metal-Feeling aufkommen lässt.
In der Rezension nicht erwähnt wurde der 7-minütige Stampfer China White, der eine ziemlich hypnotische Wirkung hat und für mich zu den besten, unbekannteren Songs der Scorpions gehört. Das Ding ist wirklich heavy. Ansonsten ist das Album natürlich unhatebar, das Titelstück allein knallt ordentlich und zeigt, warum die Band immer unter Hard/Heavy einsortiert war.
Dynamite ist auch Hammer und wurde wie Can’t live without you zum Live Kracher.
Arizona, Now und You give me all I need find ich dagegen schwächer.
Das Helnwein Cover war früher allgegenwärtig, auch in Zeitschriften ohne Zusammenhang mit den Scorpions war es häufig zu sehen. Da haben wohl beide Künstler voneinander profitiert. Blackout war damals, so wie ich es in Erinnerung habe auch ein Modewort und viele Englische Begriffe gabs Anfang 80er noch nicht.
Der Titeltrack gehört zu meinen absoluten Lieblingssongs schon immer.
Wer mit „Love At First Sting“ eingestiegen ist, tut sich mit allen anderen Scorpions Scheiben schwer. Alles davor klingt unausgegoren und danach gab es nur mehr einzelne starke Songs.
Die Musik ist eine Sache, aber die Stimme von Klaus Meine zieht mir echt die Schuhe aus.
Na hoffentlich sind dann wenigstens die Füße gewaschen und die Socken frisch…