Schelmish - Die Hässlichen Kinder

Review

Die Band SCHELMISH beweist unter den vielen Mittelalterrockern eindrucksvoll, dass man auch nach etlichen Alben und vielen durchgetourten Jahren noch Selbstfindungsprobleme haben kann. War „Mente Capti“ in seiner ganzen Überlänge noch genretechnisch durchgewürfelt wie ein Sampler, nennt sich die ehemalige Marktmusikgruppe nun „Heavy Medieval Punk“ spielend und beweisen sich damit in ihrer Namensgebung deutlich kreativer als in ihren Songtexten. Und sie verwandeln vorgeworfene Schwächen geschickt in eigene Stärken: Hat sich Matthias im Kommentarbereich der letzten Platte noch darüber ausgelassen, dass SCHELMISH nun noch primitiver als SALTATIO MORTIS seien (was absolut der Wahrheit entspricht), erheben sie diese Einfachheit nun zur Kunst, indem sie sich selbst als Punker outen. Und um noch einen letzten Bogen zum „Mente Capti“-Review zu schlagen sei gesagt, dass auch anno 2009 ein SCHELMISH-Album fast 20 voice-overs enthält. Etwas hörbarer als vor drei Jahren sind sie damit aber trotzdem noch.

Aber was gibt „Die hässlichen Kinder“ wirklich her? Abgesehen davon, dass man höchstens im Titeltrack, „Boulevard“ und „Blähsucht“ wirklich punkige Anspielungen raushören kann, haben wir es wieder mit einem tendenziell rockigen Genremix zu tun, der gänzlich ohne Marktmusik auskommt und meistens einen (recht durchschnittlichen) Gesang aufweist. Geht der Opener „Bist du bereit“ jedoch noch total ins Klo, muss man der Truppe mit Nummern wie „Too Late“, „Für euch“ und „Mosaik“ dann jedoch eine gewisse Ohrwurmigkeit attestieren. Auch die Instrumentale „For The Clansmen“ und „Goresh“ lockern mit Braveheart- und Elektro-Einsprengeln die Platte zunehmend auf. Filigrane Details sucht man aber auch hier vergeblich.
Das größte Kompliment, dass man den Schelmen machen kann, liegt wohl darin, ein fast durchweg unterhaltsames einstündiges Mittelalteralbum eingespielt zu haben. Ohne einen roten Faden schafft es jeder Song fast unbeschadet über seine Spielzeit und sollte damit auch live die Setlist einigermaßen bereichern. Gleichzeitig fehlen aber auch die großen Melodien und Riffs, die in so einem langen Album eigentlich als Galeonsfiguren definitiv nötig gewesen wären. Denn nun muss sich jeder selbst entscheiden, ob man ein Album wie „Die hässlichen Kinder“ hört, in der nichts so wirklich herausstechen will, oder man da eher (wie ich) zur letzten NACHTGESCHREI tendiert, wo man die Hälfte zwar überspringen will, aber einige wenige Songs mit wahnsinniger Spielfreude alle Sünder aus der Hölle rocken. Da kann auch die ordentliche Produktion und Abmischung nichts mehr rausretten.

Denn eins steht fest: Im Vergleich zu früher ist SCHELMISH eine stinklangweilige Band geworden. Ich kann mir zwar vorstellen, dass das Spielen begrenzter Dudelsacktonleitern irgendwann langweilig wird und der immerselbe Quintbordun die Truppe, ebenso wie die auch mal als Renaissancemusiker gestarteten SALTATIO MORTIS, schon in die Träume verfolgt. Aber dennoch höre ich mir alte Klassiker wie „Aequinoctium“ oder „Caput Draconis“ etliche Male lieber an, als diese minimalistische Akkordschredderei. Warum haben alle diese Bands eigentlich mittlerweile aufgehört, diese herrlich tranceartige Mittelaltermusik zu spielen? Wenn SCHELMISH wirklich rebellisch sein wollen, sollten sie wieder dorthin zurück kehren.

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26.11.2009

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