Scarve - The Undercurrent

Review

Würde man etwas auf die berühmt-berüchtigte, aber ebenso bescheuerte „Drittes-Album-Regel“ geben, nach der ja das dritte Album das bedeutendste in der Karriere einer Band ist, dann scheint sich für SCARVE kein Durchbruch am Horizont anzukündigen. Album Nummero drei „Irradiant“ ist ohne Frage ein absolutes Killerteil, und schürte seit jeher natürlich die Erwartungen an seinen Nachfolger. Bis „Irradiant“ haben sich SCARVE stetig gesteigert, doch mit „The Undercurrent“ ist der Aufschwung ernsthaft ins Stocken geraten.

Der Einstieg ins Album erfolgt recht vielversprechend, ein lang gezogener Snareroll, die hereinbrechenden Gitarrenriffs die von der stampfenden Bassdrum verstärkt werden, und schon rappelts im Karton. „Endangered“ entfaltet sich zunächst bei mittlerer Geschwindigkeit, und zaubert bereits nach nicht mal zwei Minuten den ersten eingängigen Refrain aus dem Hut, bevor das Death-Thrash-Inferno endgültig über uns hineinbricht. Jawoll, so klingen sie, die Franzosen!
Es geht weiter mit „Imperceptible Armageddon“ und „Senseless“, die im Prinzip alle bekannten Trademarks der Band in sich vereinen: Explosives Drumming, Stakkato-Gitarrenriffs, energische Shouts vereint mit klarem Gesang und kontrastiven Death-Metal-Growls. Moderner Death-Metal, angereichert durch eine gehörige Portion Industrial und Thrash – eine bewährte Mixtur, die u.a. STRAPPING YOUNG LAD und MESHUGGAH vorangetrieben haben, und die bei Fans von SCARVE ebenfalls zu den Favoriten zählen dürften. Apropos Shouts, diese Aufgabe übernimmt seit dem Abgang von Bideau Lawrence Mackrory, den man z.B. von DARKANEs „Rusted Angel“ kennt. Die Songs bolzen ordentlich nach vorne, allerdings preschen sie eher am Hörer vorbei, denn irgendwie bleibt nicht viel davon hängen.
Anders als beim ersten Höhepunkt „The Plundered“, einem für SCARVE-Verhältnisse schon fast überlangen Song, der sich abgesehen von immer wieder eingestreuten Blastparts im gemäßigten Midtempo bewegt. Der Refrain ist wieder eingängig und diesmal sehr monumental, vor allem durch seine Mehrstimmigkeit; dazu gesellen sich Breaks und rhythmische Variationen, die diesen Song sehr abwechslungsreich und vielseitig machen. „Fathomless Descent“ ist dagegen eine unbarmherzige Kriegsmaschine, die ohne Gnade drauflos prügelt. Besonders herausstechend ist jedoch „A Few Scraps of Memories“ – sehr experimentierfreudig, eingestreute Samples, atmosphärische Industrialklänge und akustische Gitarrenlinien rahmen eine unbändige Brutalo-Bestie ein.

Trotz dieser kleinen Höhepunkte bleibt der Eindruck für den Kenner etwas getrübt. Irgendwie will das neue Werk nicht so recht zünden. Danne Bergstrands Produktion versprüht zwar wieder die gehörige Ladung Arschtritte, aber die Songs tun sich etwas schwer, die Nähe zum Hörer zu finden, wirken neben den eingängigen Moshparts zuweilen etwas sperrig. SCARVE haben ohne Zweifel wieder eine ziemliche Gewaltorgie entfacht, aber dieser Sturm weiß nicht so recht mitzureißen. Wie ein Tornado, der eine Schneise der Verwüstung hinterlässt, aber nicht alles restlos zerstört. Zu schnell ist der Rausch vorbei, zuwenig Wirkung bleibt am Ende von „The Undercurrent“ zurück. SCARVE schwimmen 2007 buchstäblich gegen den Strom, doch scheinbar ist man sich über die zukünftige Marschrichtung uneins geworden. Sie haben die Zutaten und die Mittel, doch das Rezept scheint nicht ganz ausgereift zu sein.

24.04.2007

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2 Kommentare zu Scarve - The Undercurrent

  1. Matthias sagt:

    Mit diesem Album haben SCARVE tatsächlich keinen würdigen Nachfolger zu "Irradiant" geschaffen. Alles klingt halbgar und zu sehr auf Nummer sicher. Der Sound lässt ebenfalls ein wenig zu wünschen übrig; er ist trocken und nicht flexibel genug. Die Songs dümpeln dahin und lassen viel von der Spielfreude vermissen, die SCARVE mit dem Vorgänger aufzeigten. Auch der Gesang ist nicht überzeugend und schwächelt an manchen Ecken. Schade.

    6/10
  2. Anonymous sagt:

    na gut, ein würdiger nachfolger zu irradiant ist es nun wirklich nicht geworden… war aber auch schwer zu toppen der brocken 🙂 aber schlecht ist das album keinesfalls. es wächst mit der zeit, man sollte wirlich nicht nach 2-3 mal pladde durchhören urteilen, so sehe ich das review nämlich in meinen augen… mein einziger kritikpunkt ist die produktion vom herrn bergstrand, die ja im review sehr gelobt wurde. also ich finde, dass das album einfach zu schlecht produziert wurde und dadurch die songs einfach nicht so "fett" rüberkommen. aber naja, is ja geschmackssache… von mir gibs trotzdem 8 punkte für eine solide platte, die auch überraschungen und neue sounds bereit hält…

    8/10