Scar Symmetry - The Singularity (Phase II - Xenotaph)

Review

Knappe neun Jahre haben SCAR SYMMETRY uns auf den zweiten Teil ihrer „The Singularity“-Trilogie warten lassen. Und das, obwohl „Phase I – Neohumanity“ anno 2014 sehr gute Kritiken einheimsen konnte. Warum es so lange gedauert hat, das wird im bald erscheinenden Interview mit Bandkopf Per Nilsson noch geklärt werden, denn ursprünglich war das Album schon für 2018 angekündigt. Nun ist es aber endlich da und zeichnet inhaltlich seine düstere SciFi-Zukunft weiter.

Als wären SCAR SYMMETRY nie weg gewesen

Wenn eine Band so lange von der Bildfläche verschwindet, muss sie sich mit einem Knall zurückmelden. Diese Aufgabe erfüllt „Chrononautilus“ als Opener definitiv! Kein ruhiges Intro, kein langsamer Aufbau, es gibt von Sekunde eins an vollkommen auf die Kauleiste. Virtuoses Gitarrenspiel und präzises Drumming paaren sich mit den markanten Stimmen von Robert Karlsson und Lars Palmqvist. Fans der ersten Stunde werden sich direkt zuhause fühlen und Neueinsteiger werden ebenfalls direkt abgeholt.

Konzeptuell wird die Geschichte um außer Kontrolle geratene künstliche Intelligenz weiter geführt, dieses Mal kommen aber noch Aliens dazu, welche sich allerdings auf die Seite der Menschen stellen. Und genau das hat SCAR SYMMETRY auch schon immer ausgemacht, dass diese SciFi-Atmosphäre sich in die Songs überträgt, dazu tragen sicherlich auch die dezent eingesetzten Keyboardmelodien bei. Jedenfalls könnte die erste Single „Scorched Quadrant“ auch Teil eines metallischen „Mass Effect“-Soundtracks sein.

Es scheint fast ein bisschen so, als müsste die Band einige angestaute Energie entladen, denn so viele so heftige Härteausbrüche wie auf „Xenotaph“ gab es bisher selten auf einem SCAR-SYMMETRY-Album. Und doch, wie in dem ominiös betitelten „Altergeist“, schafft es die Band mühelos, für Ruhepausen zu sorgen und in tänzelnden Parts ein virtuoses Gitarrensolo unterzubauen, nur um direkt danach mit der sprichwörtlichen UFO-Invasion weiter zu machen.

Ein Melodic-Death-SciFi-Hörspiel – „The Singularity (Phase II – Xenotaph)“

Mit der „The Singularity“-Trilogie haben SCAR SYMMETRY damals ein ambitioniertes Vorhaben begonnen und im direkten Vergleich scheint „Phase I – Neohumanity“ nur ein Vorgeschmack auf das, was uns noch erwartet gewesen. „Phase II – Xenotaph“ bietet von allem mehr: eine Stunde Musik bei zwölf Songs, eine große Bandbreite an vielen verschiedenen Stilrichtungen und das alles mit künstlerischer Makellosigkeit aufgenommen.

Weitere Empfehlungen sind nur begrenzt rauszugreifen, das Album ist wie eine musikalische Wundertüte ausgefallen, nur mit dem Unterschied, dass hier nach jedem Öffnen etwas Neues entdeckt werden kann. „Gridworm“ ist noch so ein Kandidat, der mit seiner progressiven Eingängigkeit (wenn es so etwas denn gibt) noch einmal deutlich mehr heraussticht als andere Tracks. Fakt ist, dass das unglaublich gute Gitarren- und insbesondere Solospiel Nilssons seinesgleichen sucht und jedem Song seine eigene Duftmarke aufdrückt.

Neun Jahre Wartezeit haben sich gelohnt

Ein wirklich schwaches Album haben SCAR SYMMETRY noch nie veröffentlicht, doch mit dieser Scheibe setzen sie ihrem bisherigen Schaffen („Pitch Black Progress“ vielleicht als ebenbürtiger Bruder im Frühwerk) die Krone auf. Da bleibt einem nichts weiter übrig, als zu hoffen, dass die Trilogie nicht erst in weiteren neuen Jahren ihren Abschluss findet. Bis dahin darf sich jedoch erst einmal an einem der besten Melodic-Death-Metal-Alben des Jahres 2023 erfreut werden.

02.06.2023

Redakteur für alle Genres, außer Grindcore, und zuständig für das Premieren-Ressort.

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